Was sind Probleme?

 Mit der Metapher vom Menschen als Computer vollzog das NLP paradigmatisch den Übergang von der Vorstellung einer mechanischen zu einer kybernetischen Maschine. Wenn eine mechanische Maschine kaputt ist, dann ist ihre Hardware beschädigt. Sie muss repariert werden. Bei einer kybernetischen Maschine gibt es den Unterschied zwischen Software und Hardware. Und die Software kann entweder einen Fehler haben, oder aber sie kann für eine Aufgabe genutzt werden, für die sie nicht geeignet ist: Dann nutzt eine Maschine ein unvorteilhaftes Programm. 

Die Schulmedizin behandelt körperliche Krankheiten im Prinzip, wie ein Automechaniker Autos repariert. NLP sieht den Menschen gemäß der Computer-Metapher als eine kybernetische Maschine und betrachtet psychische Störungen als Leistungen: Jedes Problem ist auch eine Leistung in dem Sinne, dass es einem anderen Menschen u. U. unmöglich ist, ein solches Symptom bewusst hervorzubringen. Diese Sicht hat mehrere Vorteile: Der Klient kann die Vorteile würdigen, die das Symptom (vielleicht in anderen Kontexten) beinhaltet. Dies ermöglicht es ihm leichter, das Muster als eine veränderbare interne Repräsentation anzusehen, die nicht bedeutet, dass er krank oder in irgendeiner Weise kaputt ist. Das Problem/Symptom ist vielmehr Resultat eines in sich perfekt funktionierenden, gut gelernten (aber unvorteilhaft kontextualisierten) internen Programms. 

Symptomklassen 

Grob lassen sich im NLP vier Klassen von Problemen unterscheiden: 

  1. 1. Stimulus-Response-Kopplungen (Anker) 
  2. 2. Ineffektive Strategien 
  3. 3. Bedeutungsprobleme 
  4. 4. Teile-Arbeit 
  5. 5. Traumata 

Ein typisches Beispiel für eine Stimulus-Response-Kopplung ist die phobische Reaktion. Sie wird im NLP nicht als Ausdruck einer neurologischen Störung aufgefasst (Stoffwechselstörung, zu wenig/zu viel Neurotransmitter etc.). Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass die Phobie auftritt, weil auf ein äußeres oder inneres Signal (Trigger) hin ein unbewusstes Programm (Befürchtungsfilm) an- und abläuft. 

Das Paradebeispiel für eine unangemessene Strategie stellt eine auditive Buchstabierstrategie für Sprachen wie Deutsch, Englisch und Französisch dar. In diesen Sprachen schreibt man anders als man die Worte ausspricht, sodass es bei vielen Worten unmöglich ist, aus dem Klangbild auf das Schriftbild zu schließen. Hier wäre eine visuelle Buchstabierstrategie angemessen. Das Problem „Legasthenie“ ist so gesehen weder eine Stimulus-Response-Kopplung noch ein Bedeutungsproblem, sondern eine sachlich unangemessene Nutzung der Repräsentationssysteme. Eine Lösung stellt sich hier eher als ein Training dar, weniger als Therapie im herkömmlichen Sinne. 

Zwischen den Stimulus-Response-Kopplungen und Strategien gibt es auch große Ähnlichkeiten, weil es sich in beiden Fällen um gelernte Gewohnheiten (Programme) handelt, die unbewusst ablaufen. 

Von Bedeutungsproblemen sprechen wir dann, wenn die Beschwerden des Klienten aus einschränkenden Bedeutungsgebungen resultieren. Beispiel: Jemand ist bei einer schwierigen Prüfung durchgefallen. Er hält sich nun für einen Versager. Das therapeutisch behandelbare Problem besteht nun nicht darin, dass der Klient durchgefallen ist (das ist eine Tatsache, die der Therapeut nicht ändern kann), sondern in der Bedeutung („Ich bin ein Versager“), die der Klient dem Ereignis gibt. 

Die Teile-Arbeit besteht im Wesentlichen im Erwachsen-werden-Lassen von durch Traumata in jüngeren Entwicklungsphasen stecken gebliebenen Persönlichkeitsanteilen, aber auch im Verhandeln zwischen verschiedenen Teilen. 

Zu den Traumata gehören alle Ereignisse, die der Klient zum Zeitpunkt ihres Auftretens nicht integrieren konnte. Dies kann der frühe Tod der Mutter sein, Gewalt in der Erziehung, eine Vergewaltigung und Ähnliches. Das Format im NLP, das für diese Symptomklasse am besten geeignet ist, ist der Re-Imprint bzw. der zirkuläre Re-Imprint. 

Diese vier Symptomklassen sind allerdings längst nicht alle, die uns in der Therapie und im Coaching begegnen. Daher ist es notwendig, die verschiedenen Symptomklassen zu kennen, sie differenzialdiagnostisch erkennen zu können und zu wissen, welche Methoden für die entsprechenden Symptome geeignet sind und welche nicht. 

Wir werden daher im Folgenden die Symptomklassen aufführen, die in unserer Arbeit von besonderer Bedeutung sind. 

Teil erwachsen werden lassen 

Im NLP finden wir in dem Buch Reframing von Bandler und Grinder, in dem auch das Teile-Modell zum ersten Mal vorgestellt wurde, folgende Formate für das Arbeiten mit Teilen: 

  1. 1. Verhandeln zwischen den Teilen 
  2. 2. Einen neuen Teil konstruieren 
  3. 3. Sechs-Schritt Reframing 

Diese drei Formate gehen von der Vorannahme aus, dass die Teile erwachsen sind, und dass sich die Probleme, die sie machen, allein daraus verstehen lassen, dass sie ihrer positiven Absicht verhaltensmässig ungünstig realisieren. Zwei Jahrzehnte NLP- Arbeit hat mich davon überzeugt, dass diese Vorannahme bei den meisten Konflikten, die man sinnvollerweise mit dem Teile-Modell bearbeiten kann, falsch ist. 

Die ungünstige Realisierung ihrer positiven Absicht hat gerade damit zu tun, dass die Teile eben nicht erwachsen geworden sind. Sie stecken aufgrund einer traumatischen Erfahrung in einer Erlebnisblase fest und haben im Regelfall keine Ahnung, wie alt die Person ist, in der sie leben. Sie agieren so, als Lebensumstände noch genauso wären wie zum Zeitpunkt ihrer Traumatisierung. Es bietet sich daher an ein zusätzliches Format zu unterrichten, wenn man das Teile- Modell unterrichtet: 

Einen Teil erwachsen werden lassen 

Die Vorannahmen dieses Formats lauten: 

  • • Traumatisierungen führen dazu, dass Teile in dem Entwicklungsstadium stecken bleiben, in dem sie die Traumatisierung erfahren haben. 
  • • Die traumatisierten Teile leben in einer Erlebnisblase, die ihr damaliges Gefühl darstellt, z. B. Angst, Einsamkeit usw. 
  • • Diese Teile wissen im Regelfall nicht, wie alt die Person ist, in der sie leben, und wie deren tatsächliches Leben heute aussieht. 

Format: Einen Teil erwachsen werden lassen 

Vorbemerkung: Der Klient hat den Teil schon identifiziert. 

Therapeut: Klient: Therapeut: 

Klient: Therapeut: Klient: Therapeut: 

Klient: Therapeut: Klient: 

(zum Klienten) Wenn du an diesen Teil denkst, wie alt erscheint er dir?
X Jahre.
O. k., dann stell dir jetzt bitte vor, du würdest eine Art Zeitreise in die Vergangenheit machen und würdest den kleinen X-Jährigen besuchen. Sage zu ihm: Ich bin dein großes Ich aus der Zukunft und ich bin schon Y Jahre alt. 

(Klient wiederholt diesen Satz)
Wie reagiert der Kleine?
Er ist erstaunt und kann es kaum glauben.
Genau, und jetzt sage ihm: Du lebst in einer Blase aus Angst und Einsam- keit (oder worum es sich gerade handelt), und ich bin gekommen, um dich daraus zu befreien.
(Klient wiederholt diesen Satz)
Wie reagiert der Kleine?
Er sagt, dass es auch langsam Zeit wird. 

An dieser Stelle des Formats klärt der erwachsene Teil unter Anleitung des Therapeuten, was zu der Traumatisierung geführt hat; analog zum zirkulären Re-Imprint. Der jüngere Teil wird aufgefordert, dabei zuzusehen. Ist das Trauma aufgelöst, geht es wie folgt weiter: Therapeut: 

O. k., nimm den Kleinen an die Hand, geh jetzt mit ihm ganz aus der Situation heraus und stell dir vor, ihr beide würdet einen Spaziergang in Richtung Gegenwart machen. Und stell dir vor, durch deinen Arm und deine Hand fließt deine ganze Lebenserfahrung, all deine Erlebnisse und Erkenntnisse in diesen Teil von dir. Und beobachte, wie er dabei allmählich größer, älter und erwachsener wird. 

Im Einzelfall kann es sinnvoll sein, Zwischenetappen einzulegen. Zum Beispiel wird der Glaubenssatz „Ich bin nicht liebenswert“ sicherlich auch in der Pubertät seine Auswirkungen gehabt haben. Man geht dann mit dem jüngeren Teil erst einmal nur bis in das Alter, klärt da, was zu klären ist, und geht dann weiter. 

Klient: Therapeut: Klient: Therapeut: 

Klient: Therapeut: 

Klient: Therapeut: 

Klient: 

Und wenn ihr beide in der Gegenwart angekommen seid, gibst du mir Bescheid.
Klient nickt
Frage den Teil jetzt, was er zu X (dem ursprünglichen Problem) meint. Er sagt, dass es höchste Zeit wird, damit aufzuhören. 

Gut. Dann könnt ihr beide euch zusammen überlegen, was eine bessere Alternative wäre.
(Teilt das Ergebnis mit)
O. k., dann stellt euch zusammen einige der bisher problematischen Situa- tionen vor und testet, ob die neue Verhaltensweise in allen gut funktioniert, oder ob ihr für verschiedene Situationen unterschiedliche Verhaltensweisen brauchen könntet. (Future Pace und erster Öko-Check) 

Wir haben noch einige Variationen dazu genommen.
Gut, dann stell dir vor, du sitzt an einem großen Konferenztisch an der Stirnseite; du bist der Chef. Und rechts und links sitzen alle deine Persönlichkeitsanteile. Teile ihnen mit, dass du einen Teil aus seiner Erlebnisblase befreit hast, und dass ihr euch zusammen überlegt habt, wie ihr euch in bestimmten Situationen in der Zukunft verhalten wollt. Stell Dir vor, alle Teile könnten diese Optionen in Form einer holografischen Darstellung sehen. Frage sie, ob es Einwände oder Bedenken gibt.
Alle stimmen zu. 

Ende des Formats. 

Sollte es Einwände geben, arbeitet man nach dem Format „Verhandeln zwischen den Teilen“ weiter. Es kann auch sein, dass ein einwanderhebender Teil selbst noch durch dieses Format geführt werden muss. Es kann aber auch sein, dass ein Teil, der einen Einwand erhebt, gar kein eigener Teil ist, dann weiter mit dem Format „Fremde Teile entfernen“; siehe nächstes Kapitel. 

Fremdteile 

Bandler und Grinder gingen in ihrer Arbeit wie selbstverständlich davon aus, dass alle Teile eigene Teile der Person sind. Diese Vorannahme ist weder durch unsere Arbeit noch durch die Forschungen über Introjekte bzw. das Konzept der Fremdgefühle von Bert Hellinger gedeckt. 

Vielmehr zeigt sich nicht selten, dass ein Teil auf die Frage nach seiner (positiven) Absicht antwortet: „Ich will, dass du leidest!“ oder irgendeine Variation davon. Oder er gibt eine vermeintlich positive Absicht an, z. B. „Ich möchte, dass du nicht überheblich wirst“. Macht man ihn dann aber auf die tatsächlichen Konsequenzen seines Eingreifens aufmerksam, z. B. dass der Klient sich gar nichts zutraut, dann lacht er höhnisch. 

Man kann den Klienten dann sagen lassen: „Wenn du nicht an meinem Wohl interessiert bist, dann bist du auch kein Teil von mir.“ Im Regelfall fühlt sich der Teil ertappt und der Klient merkt sofort, dass das ein Treffer ins Schwarze war. 

Man kann dann erkunden, von wem dieser Teil ursprünglich kam und was den Klienten damals bewogen hat, ihn in sich aufzunehmen. Dabei könnte z. B. herauskommen, dass der Teil von der Mutter kommt, die mit ihrem eigenen Leben unzufrieden war und nicht wollte, dass es ihrer Tochter besser geht als ihr. Das Kind spürte, dass es nur sicher war, wenn es sich der Mutter gegenüber als „Versager“ darstellte. Es hat also die Selbstachtung gegen die Zugehörigkeit eingetauscht. 

Ist das der Klientin soweit klar, lässt man sie sagen: „Ich habe dir eine Aufenthaltsgenehmigung in mir erteilt, da ich als kleines Kind keine andere Wahl hatte. Jetzt habe ich eine andere Wahl und ich entscheide, dass du mein Körper- und Energiesystem verlässt, jetzt sofort.“ Im Regelfall trottet der Teil beschämt von dannen. 

Sollte das nicht der Fall sein, gibt es noch einen unbearbeiteten Einwand gegen das Verlassen. In Hunderten von Fällen hat es sich noch nie gezeigt, dass ein fremder Teil die Macht hat zu bleiben, wenn der Klient kongruent sein Verschwinden wünscht. 

Um den Einwand zu finden, könnte man ihn bitten, sich vorzustellen, der Teil wäre schon weg (As-if-Frame). Dann fragt man ihn, was er glaubt, was dies für Konsequenzen haben könnte. Einwände beziehen sich in diesem Kontext immer auf die möglichen Konsequenzen einer Entfernung des Teils. 

Die vermuteten Konsequenzen können realistisch, aber auch unrealistisch sein. Bei den realistischen Bedenken könnte der Therapeut die Klientin fragen: „Ist dir dein Erfolg (oder was immer gerade auf dem Spiel steht) wichtig genug, als dass du bereit bist, auch mit diesen Konsequenzen zu leben?“ 

Ist die Klientin noch unsicher, könnte der Therapeut sagen: „O. k., dann überleg es dir noch eine Weile, und wenn du deine Meinung änderst, weißt du ja, was du tun kannst.“ 

Unrealistische Einwände kommen meist von Teilen, die noch nicht erwachsen sind. Mit diesen kann man dann das Format „Teile erwachsen werden lassen“ machen. 

Besetzungen 

In der therapeutischen Arbeit kommt es durchaus vor, dass ein Klient den Eindruck hat, von einer verstorbenen Person besetzt zu sein. Egal ob man sich dazu durchringen kann, diese Beschreibung wortwörtlich ernst zu nehmen oder nicht, hat es sich in meiner Arbeit durchaus bewährt, in das Modell der Welt des Klienten einzusteigen. Ich bitte dann den Klienten als Erstes herauszubekommen, wer diese Person ist. Zweitens was sie davon hat, sich an den Klienten zu heften. Drittens wird ihr der Vorschlag gemacht, ihr einen Ort zu zeigen, an dem es ihr viel besser gehen würde als beim Klienten. Daraufhin bitten wir diese Wesenheit, sich einmal um ihre Achse zu drehen und zu schauen, ob sie in einiger Entfernung ein Licht oder eine Person sieht. Dann begleitet der Klient sie im Inneren hin zu diesem Licht oder dieser Person. Und in allen Fällen (mehrere Hundert) war die Wesenheit danach weg. Weg in dem Sinne, dass der Klient nie wieder den Eindruck hatte, dass sie für ihn noch da war. Ob wir damit nur einen Reframe im Rahmen eines spiritistischen Weltbildes angeboten haben, oder ob „tatsächlich“ eine verstorbene Seele ihren Weg ins Licht gefunden hat, lässt sich im Rahmen dieser therapeutischen Arbeit nicht entscheiden, ist aber unter therapie- praktischen Gesichtspunkten auch ganz unwichtig. 

Meine Versuche, diese „Teile“ im Rahmen des NLP-Teilemodells beziehungsweise im Rahmen familiensystemischer Ansätze zu bearbeiten, ist regelmäßig fehlgeschlagen. Dies ist zumindest ein Hinweis darauf, dass es sich bei der Erfahrung der Besessenheit um etwas spezifisch anderes handelt als in den oben genannten Fällen. Darüber hinaus weiß ich von vielen Klienten, dass sie wegen genau dieses Themas schon bei unter- schiedlichen Therapeuten waren, ohne dass deren Interventionen am subjektiven Erleben des Klienten irgendetwas geändert hätten. Die meisten dieser Klienten empfanden die Vorstellung, dass eine verstorbene Seele an ihnen klebt, durchaus als bizarr, sagten aber, dass es sich genauso anfühlt. Das heißt, diese Klienten rekrutierten sich meistens nicht aus der Gruppe von Menschen mit einem spiritistischen Weltbild. Eher im Gegenteil. 

Das heißt, die existenzielle Erfahrung des Mit-sich-selber-uneins-Seins ist eine sehr abstrakte Beschreibung von im Einzelfall sehr unterschiedlichen seelischen Phänomenen. Sie alle mit einem undifferenzierten Teilemodell behandeln zu wollen, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt und daher unverantwortlich. 

Systemische Verstrickungen 

Die Klasse der systemischen Verstrickungen und hier insbesondere die der transgene- rationalen Identifikation und die damit verbundenen Fremdgefühle stellen eine eigene Symptomklasse dar, für die es im NLP keine funktionierenden Formate gibt. Wie man damit arbeitet und welche differenzialdiagnostischen Zugangshinweise es für diese Symptomklasse gibt, siehe u. a.: Stresius, Castella, Grochowiak: NLP und das Familienstellen.  

Somato-psychische Probleme 

Des Weiteren gibt es die Klasse der somato-psychischen Probleme. Das sind Probleme, die sich psychisch auswirken, aber ihre eigentliche Ursache in körperlichen Störungen haben. Im Rahmen unserer Zusammenarbeit haben Detlef Arms und ich (Klaus Grochowiak) eine Methode entwickelt (Pentagnostik), in der wir körpertherapeutische, psychotherapeutische und energetische Vorgehensweisen kombinieren. 

Da die meisten Leser mit dieser Symptomklasse wahrscheinlich noch gar keine Erfahrungen haben, hier einige Beispiele: 

Steißbein und Psyche 

Mann, 39 Jahre, verheiratet, Bauernhof geerbt, den er teils selbst bewirtschaftet und teils verpachtet hat. Er sagte, dass er Konflikten eher aus dem Weg geht, selbst wenn er weiß, dass sie notwendig und sinnvoll sind. Sein mangelndes „Rückgrat“ konnte trotz der verschiedenen Familienaufstellungen und Einzelsitzungen nicht nachhaltig verändert werden. 

Behandlung: 

Bei dem Klienten war auf den ersten Blick schon deutlich zu sehen, dass er ein genitales Störfall im Bereich des siebten Halswirbels durch bindegewebige Aufquellungen hatte. Nachdem der Beckenschiefstand und die Beinlängendifferenz ausgeglichen waren, wurde sein Steißbein reponiert. Der Klient gab an, als Kind auf das Steißbein gefallen zu sein, was er noch heute plastisch vor Augen hatte. Sekunden nach dem Einrenken des Steißbeins kam es zu einer Reizüberflutung in der urogenitalen Versorgung des vegetativen Nervensystems. Dies zeigte sich darin, dass der Klient für 3 bis 4 Minuten „Feuerwerkskörper“ im Unterleib und den unteren Bauchorganen spürte. Um die Reizung schneller abklingen zu lassen, wurden die Reflexzonen mit einem speziellen Laser sediert. Danach stellte sich der Klient hin und sagte: „Jetzt fühle ich mich ganz anders!“. Sein jungenhafter Gesichtsausdruck war schlagartig verschwunden und er sah seinem Alter gemäß aus. Die Wirbelsäule hatte sich komplex aufgerichtet und verlieh ihm das Rückgrat, was er so noch nie gespürt hatte. 

Wir gingen dann die entsprechenden Konfliktsituationen in seiner internen Vorstellung durch, um zu testen, was sich verändert hatte. Es zeigte sich, dass keine weiteren psychotherapeutischen Interventionen nötig waren. Jede der Situationen konnte er jetzt ohne Anstrengung konfrontieren. Es schien fast so, als ob er sich kaum noch vorstellen konnte, dass diese Situationen noch vor kurzem Angst auslösend waren. 

Rückmeldung des Klienten: 

Der Klient berichtete uns einige Monate später, dass es ihm noch nie so leicht gefallen sei, Entscheidungen zu treffen und diese auch durchzustehen. 

Frau, 35 Jahre, verheiratet, 2 Kinder, kam wegen allgemeiner Angstzustände, der Tatsache, dass sie ihren Körper nicht fühlte und zu ihrem sexuellen Erleben keinen Zugang hat.

Darüber hinaus teilte sie uns mit, dass sie Landwirtschaft studiert habe, weil ihre Eltern einen Gutshof besitzen und sie ansonsten auch nicht wusste, was sie stattdessen machen sollte. Darüber hinaus war sie mit ihrer jetzigen Situation als Hausfrau und Mutter unzufrieden, wusste aber auch nicht, was sie eigentlich wollte. 

Die körperliche Seite der Ursache war schnell abgeklärt. Ein verdrehtes Kreuzbein/Steißbein löste die körperlichen Symptome der Angst („eingezogener Schwanz“) mit der auffälligen Beckenhaltung aus und beeinträchtigte die Körperhaltung. Das Becken der Klientin war auf eine sehr auffällige Weise nach hinten verschoben, so als wenn ein Kind auf die Toilette muss und dem Drang nicht nachgeben will. Der gesamte Bewegungsablauf der Frau war gehemmt und nicht flüssig. Die Körperhaltung war nicht mittig, ein Betrachter konnte schnell den Eindruck gewinnen, dass die Frau der kleinsten Stresssituation (unbewusste Bedrohung) nicht mehr standhalten könne. 

Direkt nach der Behandlung des Kreuzbein-Steißbein-Gelenkes spürte die Klientin ein ihr unbekanntes Körpergefühl im Bauchraum, welches sich vom Unterkörper zum Zwerchfell ausbreitete. Schon bei dieser Wahrnehmung ihrer ersten wirklich gespürten körperlichen Empfindungen fiel der Patientin ein Sturz auf den Po in den frühen Kinderjahren wieder ein. Dieser Sturz war in der Erinnerung so schmerzhaft und nachhaltig, dass die Klientin den Vorgang mit den damaligen körperlichen Symptomen und Schmerzen genauestens schildern konnte. 

Der Mann der Patientin hatte auch seit seiner Kindheit ein Steißbeinproblem. Zufall oder Gespür für den anderen und dessen unbewusste Ausstrahlung, als diese beiden sich kennen lernten? 

Psychotherapeutisch stellte sich heraus, dass sie sich seit der Geburt ihrer jüngeren Schwester (sie waren 4 Jahre auseinander) weniger geliebt fühlte als ihre jüngere Schwester. In dieser Zeit hat sie unbewusst die Entscheidung getroffen, nichts mehr zu spüren, da das, was sie spürte, zu unangenehm für sie war. 

Zusätzlich vermuteten wir, dass sie wieder einnässte, um die gleiche Aufmerksamkeit und Zuwendung zu bekommen wie das Baby, welches ihr den Platz in der Liebe ihrer Mutter streitig machte. Dadurch wurde der Unmut der Mutter noch größer, was ihren Glaubenssatz festigte: „Meine Mutter liebt mich nicht so sehr wie meine Schwester“. Um diese Missverständnisse herum hat sie ihr Weltbild konstruiert. 

In der Pubertät hat sie sich nur aus dem Grund mit Jungen eingelassen, weil die anderen Mädchen das auch machten, ohne die körperliche kinästhetische Referenz zu haben „ich bin verliebt“. Ihren ersten Sex hatte sie mit 25 Jahren. Bei dem Mann, den sie später heiratete, fehlte ihr die kinästhetische Referenz, ob sie ihn liebt und ob er sie liebt. 

Nachdem das Steißbein reponiert war und einige Fremdenergien aus ihrem Körper- und Energiesystem entfernt waren, entstand zum ersten Mal eine kinästhetische Referenz in Form eines warmen pulsierenden Gefühls in der Körpermittelachse. Dieses Gefühl stellte sich auch ein, als sie an ihren Mann und ihre beiden Kinder dachte. 

Die klitorale Testung 

Bei der Testung der klitoralen Nervenversorgungen findet eine direkte Überprüfung des Unterleibes durch die Patientin selbst oder durch ihren Partner statt. Die Idee für diese Testung bekam Detlef Arms während der Behandlung einer Patientin, geb. 1972, die angab, nach dem Sex mit ihrem Partner immer im Genitalbereich wie wund und gereizt zu sein. Nachdem die Patientin schon diverse gynäkologische Untersuchungen durchlaufen und Pilzkuren absolviert hatte, ohne jedoch einen offensichtlichen Befund zu erhalten, und die Beschwerden anhielten, erzählte mir (Detlef Arms) die Patientin, der Sex sei früher, vor der Beziehung zu ihrem jetzigen Partner, immer gut und befriedigend gewesen. Sie habe Sex mit ihren Partnern stundenlang erlebt und konnte nie wirklich genug davon bekommen. Erst seit sie mit ihrem jetzigen Partner (seit 9 Jahren) zusammen sei, seien in der Folgezeit diese Beschwerden aufgetreten. 

Beide waren wegen dieses Themas seit drei Jahren in einer Paartherapie, die allerdings keinerlei Verbesserung in dieser speziellen Problematik erbrachte. 

Ihre Beschwerden beschrieb die Patientin so, als spüre sie nach dem Sex ein Loch im Damm und in der Dammmuskulatur Richtung After. Die Schleimhäute der Genitalien fühlten sich an, als seien Risse im Gewebe. Dieses Gefühl stelle sich nach etwa zehn Minuten Geschlechtsverkehr ein und verschwinde nach einigen Tagen wieder. Es trete bei jedem Geschlechtsverkehr auf, und die Beschwerden anschließend nähmen ihr alle Lust auf den Sex. 

Ursachen: 

Die Patientin hatte schöne Zähne, die alle auf eine auffällige Art und Weise in einer Reihe standen. Das ganze Erscheinungsbild der Patientin war äußerst gepflegt, in Verbindung mit einer guten Figur. Die Patientin ist Kosmetikerin. Während der Behandlung testete ich die Genitalien über die Reflexzonen an den Füßen und stellte eine Störung fest. Die Ursache war nicht in einer Wirbelsäulen- oder Beckenblockade zu suchen. Der Test der Reflexzonen der Zähne ergab eine Belastung der vorderen Schneidezähne. Da die Zähne keine Anzeichen eines Störfeldes oder eine Auffälligkeit zeigten, fragte ich nach einer zurückliegenden Zahnregulierung durch eine Spange. Die Patienten bejahte dies. Als die Patientin ihren jetzigen Mann kennenlernte, war diese Therapie abgeschlossen. 

Die Sedierung der Zahnzone der Schneidezähne ergab eine sofortige Reizfreiheit der Genitalzonen im Bereich des Dammes. 

Der Test: 

Ich bat die Patientin, ihren Mann zur nächsten Behandlung mitzubringen. Dies nahm sie gerne auf, und bei der folgenden Behandlung konnte ich dem Mann die Vorgeschichte, die zu dieser Störung geführt hatte, anhand von Bildern und Tafeln bzgl. der Zähne, des Unterleibes und der Reflexzonen vermitteln. Er verstand, warum es zu diesen Beschwerden gekommen war. Da ich mir meiner Sache sehr sicher war, haben wir Folgendes vereinbart: Ich würde die rechte Seite des Unterleibes über die Reflexzonen des rechten Schneidezahnes entstören. Danach sollte der Mann bei seiner Partnerin klitoral testen, ob es zu einer Verbesserung gekommen sei. Ich würde für diesen Test das Behandlungszimmer verlassen. 

Das Erstaunen des Mannes war sichtlich groß, und als er mich nach etwa zwei Minuten wieder in den Raum rief, gab er an, so etwas noch nie erlebt zu haben, und berichtete, die Klitoris sei deutlicher tastbar, sogar für ihn, auf der rechten Seite angeschwollen und sexuell berührungsempfindlich, und zwar so weit und so reizbar, wie er es bei seiner Frau noch nie erlebt hatte. 

Die linke Seite der Klitoris wurde sofort in Anschluss über die Reflexzonen des linken Schneidezahnes sediert. Nachdem ich drei Minuten später wieder den Raum betrat, sah ich eine Frau mit hochrotem Kopf und einen Mann, der sichtlich fassungslos diesen Prozess nicht einordnen konnte. Beide bestätigten mir, dass es, nachdem beide Zahnzonen sediert waren, zu einer unglaublichen Reizempfindung an der Klitoris der Frau gekommen sei. Die Klitoris war innerhalb der kurzen Zeit der Sedierung (Dauer ein bis zwei Minuten) so stark angeschwollen, wie beide es nie in ihrer Sexualität erlebt hatten. 

Die Frau gab an, dass sie diesen Zustand in der Vergangenheit schon kannte, aber leider nie mit den Zahnregulierungen in Verbindung gebracht hatte (wie auch?). Und auch die Paartherapeutin kannte diese Symptomklasse offensichtlich nicht und ging daher von einer psychischen Ursache bei der Frau bzw. der Beziehung zwischen den beiden aus. Diese Fehleinschätzung wurde noch dadurch verstärkt, dass der Gynäkologe keine körperlichen Ursachen finden konnte. 

Das bedeutet, nur weil es keine körperlichen Ursachen im Genitalbereich gab, heißt das nicht, dass es gar keine körperlichen Ursachen gibt. Da die Wirkung von Störfeldern z. B. im Zahn-Kieferbereich sowohl vielen Ärzten als auch Psychotherapeuten unbekannt ist, wird ein negativer Befund des Gynäkologen gleichgesetzt mit der Diagnose „Es gibt keine körperlichen Ursachen, also können es nur psychische Ursachen sein.“ 

Eine falsche Differenzialdiagnose führt unvermeidlich dazu, dass man an der falschen „Stelle“ arbeitet. 

Einige Zeit nach der Entfernung dieses Störfeldes durch eine minimal-invasive Zahnoperation brachte die Patientin den Sohn ohne Komplikationen, Dammriss oder Kaiserschnitt zur Welt. 

Energetische Störungen 

In meiner (Klaus Grochowiak) Arbeit wurde mir in den letzten Jahren immer deutlicher, dass es auch genuin energetische Störungen gibt. Übernahme von fremden Energiekörpern, Beeinträchtigung durch projizierte Energien von anderen und vieles mehr. Wie man mit dieser Symptomklasse arbeiten kann, lässt sich u. a. in dem Buch von Keith A. Sherwood „Chakras und Karma, Chakra-Arbeit zur Karma-Auflösung“ nachlesen. 

Reinkarnationstherapie 

Wie viele NLPler bestätigen können, ist es gar nicht so selten, dass Klienten beim Time- Line-Reimprint durch ihren Suchanker über ihre Geburt hinaus in früheren Leben landen. Wie man damit umgeht und vor allem wie man die meist übergeneralisierten Entscheidungen im Bardo (zwischen den Leben) bearbeiten kann, kann zwar leicht in die gängigen NLP-Vorgehensweisen integriert werden, allerdings gibt es im NLP keine Zugangshinweise, die es dem Therapeuten gestatten abzuklären, ob das jeweilige Problem sinnvollerweise überhaupt im Rahmen der diesmaligen Lebenserfahrungen thematisiert und gelöst werden kann. Egal ob man das Reinkarnationskonzept „glaubt“ oder nicht, es hat sich bei vielen Klienten gezeigt, dass bestimmte Symptome, die sie schon seit Jahren spürten und mit unterschiedlichen Methoden bearbeitet hatten, erst verschwanden, als sie ihre „Ursache“ in einem früheren Leben erkannt und bearbeitet hatten. 

Wir unterscheiden also vorläufig folgende Symptomklassen: 

  1. 1. Stimulus-Response-Kopplungen (Anker) 
  2. 2. Ineffektive Strategien 
  3. 3. Bedeutungsprobleme 
  4. 4. Traumata 
  5. 5. Teil erwachsen werden lassen 
  6. 6. Fremdteile 
  7. 7. Besetzungen 
  8. 8. Systemische Verstrickungen 
  9. 9. Somato-psychische Probleme 
  10. 10. Energetische Probleme 
  11. 11. Reinkarnationsprobleme 

Diese elf Symptomklassen können als Meta-Schema für die kognitiven Schemata betrachtet werden, die ich in jeder einzelnen Symptomklasse benutze.

Was sind Metaprogramme? 

Die Frage: „Was sind Meta-Programme?“ können wir in drei Fragen aufteilen: 

• Was ist ein Meta-Programm?
• Gibt es Meta-Programme?
• Wie viele Meta-Programme gibt es? 

Meta-Programme kommen in unserem subjektiven Erleben nicht vor. Sie sind für uns nicht in der gleichen Weise erlebbar wie z. B. die Repräsentations-Systeme, Strategien oder Anker. Sie sind allerdings auch nicht im äußeren Verhalten direkt beobachtbar wie etwa die Augenzugangshinweise. Sie sind der Versuch, das beobachtbare Verhalten zu kategorisieren, und zwar so, dass es möglich wird, einen Bereich wie z. B. Motivation so aufzuteilen, dass jedes Verhalten, dass man überhaupt zu dieser Domäne rechnen kann, entweder in die eine oder die andere Kategorie (hin zu – weg von) fällt. Was wir beobachten können, sind Muster, Regelmäßigkeiten, Wiederholungen. Diese sind allerdings nicht alle das Produkt von einem speziellen Programm, welches die Aufgabe hat, diese Art von Regelmäßigkeit hervorzurufen. So ist z. B. bei vielen Menschen feststellbar, dass sie eher nachts oder eher tagsüber arbeiten. Dies mag bei einigen etwas mit ihrer Veranlagung zu tun haben, bei anderen aber eher mit ihrem Job, sie sind vielleicht Kellner in einer Nacht-Bar. Und diese Muster sind außerdem vom Kontext abhängig und verändern sich mit dem Alter oder den Lebensumständen. 

Welche Regelmäßigkeiten, welche Muster kommen nun also für Meta-Programme in Frage? 

Die Frage „wie viele Meta-Programme“ es gibt, lässt sich leicht beantworten: So viele, wie jemand sinnvolle kategoriale Unterscheidungen für das menschliche Verhalten einführen kann. 

Meta-Programme sind in diesem Sinne also Beobachterkategorien. D. h. sie dienen dem Beobachter dazu, sich in der Vielfalt des menschlichen Verhaltens orientieren zu können. Ähnlich wie die klassische Unterteilung in Sanguiniker, Phlegmatiker, Melancholiker und Choleriker. 

Beobachtung und Unterscheidung 

Wie bereits in der Second Order Cybernetics gezeigt wurde, wird jede Beobachtung nur durch die Nutzung einer Unterscheidung möglich. Jede Beobachtung beobachtet etwas und nicht alles auf einmal. Damit wird das Thematische von seinem Hintergrund getrennt. Gleichzeitig wird das Thematische mit einer bestimmten begrifflichen Unterscheidung thematisiert; z. B. System/Umwelt, Subjekt/Objekt, wahr/falsch, gerecht/ungerecht, legal/illegal, krank/gesund, normal/deviant usw. Diese begriffliche Unterscheidung ist in der jeweiligen Beobachtung vorausgesetzt und als solche der blinde Fleck der jeweiligen Beobachtung. Dieser kann allerdings durch eine zweite Beobachtung beobachtet werden. 

In diesem Sinne sind Meta-Programme eine Art, menschliches Verhalten zu beobachten und gleichzeitig eine Art zu beobachten, wie der Beobachtete in einer bestimmten Situation beobachtet. Achtet er z. B. mehr auf Unterschiede oder mehr auf Gleichheit, achtet er mehr auf die Bedürfnisse der anderen oder mehr auf seine eigenen? 

Ein Satz wie: „Was muss ich machen, um genauso gut in NLP zu werden wie du?“, kann natürlich unter Meta-Programm-Gesichtspunkten analysiert werden. Wir können dann feststellen, dass der Fragende eine externe Referenz nutzt, dass er nach Notwendigkeit (was muss ich machen) sortiert und nach Gleichheit (genauso gut) fragt. Diese Meta- Programm-Sequenz können wir in unserer Antwort pacen oder mismatchen oder teilweise pacen, um dann zu leaden, usw. 

Wir könnten auch darauf achten, ob diese Frage relativ zu ihren Parabotschaften kongruent oder inkongruent gestellt ist. 

Wir könnten aber auch mit dem Vier-Ohren-Modell nach der Sacheben, der Beziehungsebene, der Selbstoffenbahrung und dem Appell fragen. 

Im Rahmen der Transaktionsanalyse könnten wir uns aber auch fragen, ob diese Frage nicht die Eröffnung eines Aufmerksamkeitsspiels ist. 

In diesem Sinne können wir sagen, dass jede Beobachtung ihr Objekt der Beobachtung erst durch eine Unterscheidung konstituiert. D. h. auch, dass jede Beobachtung einer Beobachtung eine Dekonstruktion bzw. ein Deframing darstellt. Es werden die Bedingungen dekonstruiert, unter denen diese Beobachtung konstruiert wurde. Dabei darf nicht vergessen werden, dass jede Dekonstruktion natürlich selbst eine Konstruktion ist und als solche für weitere Dekonstruktionen zur Verfügung steht. 

Jede Unterscheidung produziert, wie wir gesehen haben, ein Innen und ein Außen der Unterscheidung. Z. B. können wir Verhalten unter dem Gesichtspunkt kongruent/inkongruent beobachten. Alles, was weder kongruent noch inkongruent ist, ist damit außerhalb unseres frames of reference. Außerhalb dieser Unterscheidung könnten z. B. Unterscheidungen wie effektiv/ineffektiv, freundlich/unfreundlich usw. eine Rolle spielen. Aber die Einheit von Innen und Außen kann selbst nicht mit den Unterscheidungen innerhalb der Unterscheidung thematisiert werden. Es macht keinen Sinn zu fragen, ob die Einheit selbst kongruent bzw. inkongruent ist. Wir können aber jede Unterscheidung auch auf sich selbst anwenden. Es macht durchaus Sinn, von einem kongruent inkongruenten Verhalten zu sprechen, z. B. bei der Ironie. Oder wir können inkongruent inkongruent sein, etwa bei einer Parodie. Verhalten wir uns dann kongruent oder inkongruent? Ober wenn wir das Meta-Programm Referenzrahmen nutzen, können wir das Verhalten von jemandem so beobachten, dass wir sagen: „Er nutzt externe Referenz, um sich für einen Kauf zu entscheiden.“ Wir können aber auch fragen, welche interne Referenz er genutzt hat, um gerade diese externe Referenz zu nutzen. 

Welche Unterscheidungen wir nutzen, wenn wir einen neuen frame of reference eröffnen, bleibt der Autonomie des Beobachters überlassen. Jeder Beobachter muss 

erklären, warum er wen mit welcher Absicht gerade mit den Unterscheidungen beobachtet, die er tatsächlich nutzt, da diese sich eben nicht mehr von selbst verstehen. Viele Leser würden sich wahrscheinlich von der theologischen Unterscheidung fromm/unfromm nicht angemessen beobachtet fühlen, da sie diese Unterscheidung als Ganze zurückweisen würden. 

Der Beobachter eines Beobachters sieht, was dieser sieht und wie er es sieht. Er kann aber auch sehen, was dieser gerade nicht sieht. Und er kann sehen, dass der andere nicht sieht, was er nicht sieht. Er kann mit anderen Worten den blinden Fleck des Beobachters ent-decken. Und dies ist die Legitimation für moderne Therapeuten. Sie können ihm helfen, die Probleme, die gerade durch die Struktur seines blinden Flecks entstanden sind, zu ent-decken und so mögliche Reframes im weitesten Sinne des Wortes eröffnen. Allerdings liegen jenseits der Unterscheidungen, die für den Klienten Leid produzieren, viele andere mögliche Unterscheidungen, und je nach dem zu welcher Art von Therapeut man geht, wird dieser auf sehr unterschiedliche Art zu einem Beobachter zweiter Ordnung. Und es ist nie auszuschließen, dass der Klient die Art und Weise, wie er von seinem Therapeuten beobachtet wird, wiederum beobachtet und diesen auf seinen blinden Fleck aufmerksam macht. 

Gibt es Meta-Programme? 

Die Frage, ob es Meta-Programme gibt, ist also als Frage nach dem Status dieser Unterscheidungen zu verstehen. Beschreiben sie etwas, was es bei den Individuen im Inneren „wirklich“ gibt, oder sind sie rein äußerliche Unterscheidungen? 

Diese Frage will ich anhand einiger Situationen aus der alltäglichen Praxis verdeutlichen. Wenn gesagt wird, dass die Meta-Programme unbewusste Dispositionen, Filter oder Sorts oder gar „building blocks of personality“ sind, dann wird natürlich so getan, als ob sie ein unbewusstes Programm sind, also ein Teil der „Software“ des Individuums. Vielleicht wie ein Compiler-Programm, welches auf der Bildschirmoberfläche vom Benutzer nie wahrgenommen wird, was aber im Hintergrund trotzdem ständig aktiv ist. Und was sozusagen tief unbewusst ist, d. h. nur für den Experten zugänglich bzw. erkennbar und veränderbar ist. 

Im Gegensatz dazu können wir die Meta-Programme auch als äußerliche Klassifizierungen betrachten, die wenig mit der inneren Organisation des subjektiven Erlebens zu tun haben. 

Wenn z. B. die Meta-Programme zur Vorhersage des menschlichen Verhaltens dienen sollen, aber gleichzeitig kontextabhängig sind, dann ist das so, als ob man sagt: „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist.“ 

Oder man bräuchte Meta-Meta-Programme, die bestimmen, wann jemand ein bestimmtes Meta-Programm wie benutzt. 

Was bedeutet es, dass z. B. das Meta-Programm Primary Interest Sort statistisch nicht nachgewiesen werden kann? (vgl. Grochowiak, Das NLP-Master-Handbuch, S. 200 ff.) 

Natürlich muss jedes Verhalten und jedes Erleben in uns irgendwie zustande kommen, aber heißt das, dass wir dafür ein Programm haben? 

Diese Frage erinnert an die alte Debatte über den Begriff der „Fähigkeit“ in der Psychologie. Bekommen wir automatisch eine neue Fähigkeit, wenn jemand unser Verhalten neu kategorisiert? Haben wir z. B. die Fähigkeit der Andacht oder Frömmigkeit, auch wenn es in unserer Sprache die Worte gar nicht gibt? Oder sind diese Bezeichnungen eher mögliche Klassifikationen des seelischen Erlebens, denen aber weder eine Fähigkeit noch ein Programm entspricht? 

Wir können Frömmigkeit z. B. auch als eine emergente Eigenschaft des psychischen Apparats oder des Nervensystems auffassen. 

Die Frage, ob es so etwas wie Meta-Programme gibt, ist also vergleichbar mit der Frage, ob es Schizophrenie gibt. Bisher wurde von Seiten des NLP immer argumentiert, dass Ausdrücke wie Schizophrenie oder Depression eine Nominalisierung darstellen, die aus einem Klassifikationsbegriff ein „Etwas“ macht, was auch unabhängig von diesem Begriff eine Realität hat. Wie z. B. eine Blinddarmentzündung; diese könnten wir auch anders nennen, aber das würde an der Realität auf der Ebene des Gewebes nichts ändern. Wenn wir aber den Ausdruck „er hat Schizophrenie“ ähnlich verstehen, wie „er hat eine Lungenentzündung“ dann macht es natürlich Sinn, nach genetischen oder stoffwechselmäßigen Ursachen zu fanden. 

Handelt es sich allerdings um ein dormative principle, dann haben wir solche Konstruktionen im NLP bisher immer für entbehrlich gehalten. 

So gesehen stellt sich die Frage, ob das Konzept der Meta-Programme in das konzeptionelle Framework des NLP überhaupt integrierbar ist. Oder ist es nicht vielmehr ein sehr unübersichtliches Klassifikations-Sammelsurium ohne einen vereinheitlichenden Gesichtspunkt? 

Von einem vereinheitlichenden Gesichtspunkt könnten wir z. B. bei den 12 Tierkreiszeichen in der Astrologie, den verschiedenen Hirnstrukturen im Struktogramm oder im Hemisphären-Dominanz-Modell sprechen. 

Andererseits ist klar, dass all diese Unterscheidungen Beobachtungen ermöglichen, die dann wiederum zu einem Verhalten führen können, welches sinnvoll, aber ohne die Unterscheidungen nicht möglich gewesen wäre. Z. B das Pacen von Meta-Programmen in Fragen, bzw. das Pacen von Meta-Programmen beim Geben von Arbeitsanweisungen usw. Diese Unterscheidungen können also dazu dienen, unser kommunikatives Verhalten genauer zu kalibrieren. Sie können uns aber auch dazu verhelfen, uns selbst zu beobachten, wo wir in unseren Wahrnehmungen und unserem Erleben und Entscheiden Einseitigkeiten wahrnehmen können, um diese dann bei Bedarf korrigieren zu können. 

Diese Sicht der Meta-Programme scheint mir sinnvoller als so zu tun, als ob wir mit dieser Konzeption eine Tiefendimension des seelischen Geschehens entdeckt hätten, vergleichbar mit dem Unbewussten. 

Meta-Programme scheinen mir Beobachterkategorien zu sein im Gegensatz zu Systemkategorien. Sie sagen mehr über den Beobachter aus als über das beobachtete System. 

Ähnlich wie der Begriff des Zwecks in der Biologie eine Beobachterkategorie und nicht eine Systemkategorie darstellt. Zu sagen, dass ein Weibchen einen bestimmten Duftstoff absondert, „damit“ das Männchen angelockt wird, unterstellt dem evolutionären Geschehen eine Zweckhaftigkeit, die auf der Ebene von spontaner Mutation und Selektion nicht anzutreffen ist. 

Oder die Vorstellung der Informationsübertragung in der menschlichen Kommunikation tut so, als ob die Schallwellen irgendwie noch „Informationen“ transportieren würden. Tatsächlich ist es aber so, dass die Schallwellen das Trommelfell perpetuieren und dann im Inneren des Hörers Bedeutung entsteht. Die Formulierung: „Er hat sie gut informiert“ ist ebenfalls in diesem Sinne eine Beobachterkategorie und nicht eine Systemkategorie. Und obwohl die Idee der strukturellen Kopplung autopoietischer Systeme seit den 70er- Jahren im Gespräch ist, werden wir wohl bis auf Weiteres dabei bleiben, Kommunikationsprozesse mithilfe von Beobachterkategorien zu beschreiben. 

Beobachterkategorien sind also etwas völlig Legitimes und Unentbehrliches, es ist nur wichtig, dass man als Kommunikations-Profi weiß, was man tut, wenn man solche Konzepte benutzt. 

Mit Korzybski könnten wir sagen nicht nur sagen: „The map is not the territory“, wir müssen auch mit ihm darauf bestehen, dass wir wissen, auf welchem Abstraktionsniveau wir uns gerade befinden. 

Meta-Programme als Reflexionsbestimmungen

Wie haben die Meta-Programme bisher als Beobachterkategorien bestimmt. Wir können den genauen Charakter dieser Kategorien noch näher bestimmen, indem wir sie als Reflexionsbestimmungen oder Reflexionsbegriffe auffassen. Reflexionsbestimmungen haben als Gegensatz den Begriff der Seinsbestimmungen oder einfacher gesagt der Eigenschaftsbegriffe. 

Reflexionsbegriffe sind solche, die wir als Beobachter an das zu beobachtende Objekt bzw. einen Sachverhalt herantragen, sie sind also im weitesten Sinne von dem Standpunkt abhängig, von dem aus der Beobachter beschreibt. Im Gegensatz dazu sind Seinsbestimmungen solche, die eine tatsächliche Eigenschaft bestimmen. So kann man von einem Menschen z. B. sagen, dass er 1,70 m groß ist. Diese Behauptung kann entweder wahr oder falsch sein. Man kann über denselben Menschen auch sagen, dass er attraktiv ist. Allerdings sagt diese Bestimmung etwas über den aus, der diesen 

Menschen als attraktiv empfindet. Daher macht es auch keinen Sinn zu fragen, ob diese Behauptung wahr ist. Jeder andere kann mit gleichem Recht das Gegenteil behaupten. 

Den besonderen Charakter, dass in der Ansetzung des Begriffs sich die Position des Setzenden widerspiegelt, hat Hegel treffend in der Unterscheidung von Reflexionsbestimmungen und Seinsbestimmungen festgehalten. Ob ich etwas als einen Baum identifiziere, ist von meinem Standpunkt vollkommen unabhängig, ob ich ihn allerdings als groß oder klein, schön oder hässlich, nah oder fern bestimme, nicht. 

Reflexionsbestimmungen also tragen aufgrund ihrer Standpunktvarianz immer ein relatives Moment in sich, ja sie lassen sich generell als Prädikationen begreifen, die implizit immer ihr eigenes Gegenteil transportieren, die sich sinnvoll nur aussagen lassen auf dem Hintergrund ihrer eigenen Negation: Was „groß“ ist, kann ich nur so benennen, wenn ich weiß, was „klein“ bedeutet, usw. D. h., der Sinn und Gehalt eines Reflexionsbegriffes verdankt sich per se der Doppelung von Position und Negation, genauer, er erwächst nicht in der Identität des Begriffs, sondern in der Differenz des Begriffs zu sich selbst. Begriffsbestimmend wird hier die Unterscheidung und der Unterschied, der positive Sinn knüpft sich an das höchst schwierig zu fassende Ereignis der Differenzierung, an die nicht mehr positiv zu beschreibende difference (Derrida), und die „Information lässt sich definieren als ein Unterschied, der einen Unterschied macht.“ (Bateson). 

In diesem Zusammenhang möchte ich kurz an einige Bemerkungen von Bateson erinnern. Er schreibt bekanntlich, dass Adjektive, wie „ehrlich“, „freundlich“, „launisch“ usw. eher etwas über denjenigen aussagen, der diese Charakterisierung ausspricht, als über den Charakterisierten. 

Reflexionsbegriffe bestimmen immer eine Differenz (intern-extern, Überblick-Detail usw.), die der Beobachter braucht, um überhaupt etwas beobachten zu können, und sie sind in diesem Sinne natürlich auch ein Wahrnehmungsfilter, der dafür sorgt, dass wir auf vieles nicht achten, weil es außerhalb der jeweiligen Differenz liegt. 

Aber mehr noch, um einen Reflexionsbegriff in seiner ganzen Operativität nutzen zu können, müssen wir streng genommen immer die inverse Beschreibung mitliefern. 

Beispiel: Klaus will sich eine Stereoanlage kaufen und fragt einen Freund, der ein Experte für HI-FI Anlagen ist, welche er ihm empfehlen würde, wenn er nicht mehr als 10.000 € ausgeben möchte. 

Jeder geübte NLP’ler würde hier davon sprechen, dass Klaus eine externe Referenz genutzt hat. Gleichzeitig könnte man ihn aber auch fragen, warum er gerade diesen Menschen als externe Referenz genutzt hat. Er würde vielleicht äußern, dass er ihn für besonders glaubwürdig und unabhängig hält. Dann hat er aber eine interne Referenz genutzt, um seine externe Referenz auszuwählen. 

Wenn dieser Freund ihm nun vier verschiedene Anlagen vorschlägt und er dann nach seiner internen ästhetischen Referenz eine davon aussucht, dann stellt sich die Reihenfolge der Meta-Programme wie folgt dar: 

Interne Referenz  externe Referenz  interne Referenz 

Es scheint also eine Frage der Interpunktion – wo setzte ich den Anfang meiner Beobachtung – zu sein, ob ich hier von der Nutzung interner oder externer Referenz spreche. 

Oder nehmen wir das Beispiel Motivation. Wir fragen jemand, was ihm bei seiner Berufswahl besonders wichtig ist, und er antwortet: „Ich will viel Geld verdienen.“ Dies sieht doch sehr nach einer Hin-zu-Motivation aus. Frage ich ihn jetzt weiter, warum ihm viel Geld zu verdienen so wichtig ist, dann antwortet er: „Ich komme aus einer sehr armen Familie, und bei uns gab es ständig Streit und Probleme wegen Geld. Ich will das auf gar keinen Fall noch mal erleben.“ 

Nun, das klingt sehr nach weg-von. Das gleiche könnten wir ganz leicht beim umgekehrten Fall machen. 

Es ist daher eine gute Übung, die Teilnehmer eines NLP-Kurses zu bitten, diese Übung bei jedem beliebigen Meta-Programm zu wiederholen. 

Stellen wir uns vor, jemand ist irgendwo zu Besuch. Es gibt Erdbeerkuchen. Jeder hatte schon ein Stück und eines ist noch übrig. Unser Klient hat Appetit auf dieses Stück und nimmt es sich kommentarlos. Wir könnten dies so beobachten, dass er das Meta- Programm „sorting-by-self“ genutzt hat. Er hätte auch fragen können, ob noch jemand anders Appetit hat, und wenn ja wäre er bereit gewesen, es dieser Person zu überlassen. Wir würden dann von „sorting-by-others“ sprechen. 

Wir könnten ihn aber auch fragen, ob er sich genauso verhalten hätte, wenn er bei seinem zukünftigen Chef zu Besuch gewesen wäre. Würde er dann sagen: „Nein, auf keinen Fall.“ Dann hängt sein „sorting-by-self“ offensichtlich davon ab, dass er als erstes „sorting-by-others“ genutzt hat. 

Ein anderer Beobachter würde vielleicht von vornherein das Zugreifen als einen Ausdruck seiner Einschätzung von Statusaspekten beobachten. Und niemand kann sich dagegen wehren, auf eine bestimmte Art und Weise von jemand beobachtet zu werden; allerdings kann jeder die Art und Weise wie er beobachtet wird, selbst beobachten und sich als angemessen oder unangemessen beobachtet fühlen. 

Ein Exorzist beobachtet z. B. das Verhalten eines Menschen unter der Differenz besessen – nicht besessen. Diese Differenz würden heutzutage die meisten Menschen in Europa ablehnen. 

Aus all dem ergibt sich, dass wir für die Begründung der Nutzung eines Reflexionsbegriffs implizit immer schon ein weiteres Begriffspaar nutzen, nämlich relevant-irrelevant. 

Was wir aber für relevant halten, kann jemand anderes mit guten Gründen für irrelevant halten. So nutzt z. B. Steve deShazer die Frage nach Ausnahmen vom 

Symptomverhalten als zentrale Beobachtungskategorie und versucht auch seine Klienten dazu zu bringen, auf diese Ausnahmen zu fokussieren und mehr davon zu machen. Dafür hält er die Glaubenssätze u. Ä. für irrelevant. Im NLP ist es genau umgekehrt. 

Nichts ist an sich relevant oder irrelevant, es hängt von unseren theoretischen und praktischen Vorüberlegungen ab, ob wir etwas für relevant halten oder nicht. 

Damit eröffnet sich aber sofort ein neues reflexionales Feld, nämlich das von Grund und Begründetem. Auf die Frage: „Warum nutzt du gerade diese Beobachtungskategorie?“, gibt jede Therapierichtung ihre jeweiligen Gründe an. Diese können aber selbst mit gutem Grund befragt werden, welche Gründe es gibt, gerade diese Kriterien zu nutzen und nicht andere. So wird der Grund selbst wieder zu etwas Begründetem. 

Und der Verweis, dass sich diese Vorgehensweise praktisch bewährt hat, kann aber von vielen anderen Methoden mit gleichem Recht behauptet werden, die ganz andere Beobachtungskategorien nutzen. 

Grund und Begründetes stehen also, wie alle Reflexionsbegriffe, in einem gegenseitigen Begründungsverhältnis. Auch hierauf hat bereits Bateson hingewiesen. 

Stellen wir uns ein Ehepaar vor. Der Mann ist mit der Beziehung unzufrieden, weil seine Frau nicht mehr so oft Lust auf Sex hat wie früher. Sie sagt, dass sie nicht mehr so viel Lust hat, weil sie spürt, dass ihr Mann unzufrieden ist, und sich dementsprechend verhält. Was ist Ursache und was ist Wirkung? Was begründet was?

Die Thematisierung der Meta-Programme als Reflexionsbestimmungen hat auch den Vorteil, dass wir den so Beschriebenen nicht in eine Schublade stecken, sondern ihm neue Wahlmöglichkeiten für die Selbstbeobachtung eröffnen. 

Und gleichzeitig verhindern wir damit, dass wir diese Begriffe verdinglichen. Wie können diese Operation auch als eine Form der Entnominalisierung betrachten und stehen damit in der guten Tradition des NLP, Prozesse als Prozesse zu beschreiben. 

Klaus Grochowiak 

(Juli 2011) 

Daseinsanalyse und NLP

In seiner berühmten Daseinsanalyse in Sein und Zeit hat Martin Heidegger die Sorge als das zentrale Existential des menschlichen Daseins bestimmt. Mit Sorge meint er nicht Sorge im Sinne von Bekümmertsein sondern sich kümmern um sich selbst. 

Und dieses sich kümmern um sich selbst bedeutet bei uns Menschen immer gleichzeitig einen Entwurf von sich selbst zu haben. Das heißt ein Zukunftsbild. 

Auch in der Neurophysiologie wird die menschliche Fähigkeit sich bewusst auf Vergangenheit und Zukunft beziehen zu können als eine der wichtigsten Neuentwicklungen des menschlichen Gehirns relativ zu Primatengehirnen bestimmt. Und auch im NLP ist sowohl die Zielorientierung im therapeutischen Prozess als auch die Arbeit mit der Timeline vorwiegend auf Vergangenheit und Zukunft bezogen. Die Gegenwart, das Jetzt, spielt in der Timeline Arbeit, aber auch im normalen Coaching Prozess, eher eine untergeordnete Rolle. 

Die Wahrheit ist aber unser Leben findet immer nur im Jetzt statt – auch wenn wir uns erinnern, erinnern wir uns Jetzt. Und das woran wir uns erinnern war damals Jetzt. Und das gleiche gilt für alle Zukunftsentwürfe. Wir machen den Entwurf jetzt, und falls der irgendwann mal Realität werden sollte, kann das nur im Jetzt passieren. 

Insofern wurde das Jetzt sowohl in der Philosophie wie auch in der Psychotherapie eher stiefmütterlich behandelt. 

Anders in vielen spirituellen Traditionen, in denen das Leben im Hier und Jetzt eine viel zentralere Rolle spielt. Allerdings manchmal mit der Übertreibung als wenn die Beschäftigung mit der Vergangenheit oder der Zukunft völlig überflüssig wäre. Beide Einseitigkeiten können in einem spirituell orientierten NLP überwunden werden. Wie dies im Einzelnen praktisch zu gestalten ist wird sowohl im neuen NLP Practitioner als auch im NLP Master einen wichtigen Platz einnehmen. Dazu gehört auch, dass der Bewusstseinsraum als Bewusstseinsraum thematisch Eingang findet in die konzeptuelle Arbeit. Bisher können immer nur NLP und alle anderen psychotherapeutischen Verfahren als eine Art Innenarchitektur des Bewusstseinsraum bezeichnet werden. 

Wir beschäftigen uns mit inneren Bildern, Körpergefühlen, inneren Stimmen und den Submodalitäten dieser Repräsentation. Aber nicht mit der Bedingung der Möglichkeit dieser Repräsentation, nämlich dem Bewusstseinsraum und dem Gewahrsein, oder dem was Heidegger die Lichtung des Seins genannt hat, als solchem. 

Auf der Ebene der Submodalitäten stellt sich die Frage wie der virtuelle Raum, in dem wir z.B. unsere inneren Bilder sehen, wahrzunehmen ist, ohne diese inneren Bilder, bzw. ohne inneren Dialog (Gedanken). Und wenn die inneren Stimmen und Bilder aufhören bedeutet das eben nicht, dass wir bewusstlos werden, sondern das sich unsere Bewusstheit auf sich selbst bezieht und eben nicht auf irgendwelche Inhalte. Das dies leichter gesagt als getan ist, weiß jeder, der sich schon mal mit Meditation beschäftigt hat. Unseren Verstand zur Ruhe zu bringen ist ungefähr so, wie einen Sack Flöhe hüten. Aber Gott sei Dank gibt es verschieden Techniken wie z.B. Hypnose, auch Selbsthypnose, die es uns leichter machen können den Zustand bewusster Leere herzustellen und einzunehmen. 

Und wie mit jedem anderen Bewusstseinszustand auch ist es eine Übungsfrage wie leicht oder schwer es uns fällt in den Bewusstseinszustand zu kommen oder längere Zeit in diesem Bewusstseinszustand zu bleiben. 

Wobei das Wort Zeit im vorigen Satz schon missverständlich ist. Weil in diesem Zustand selbst kann man gar nicht merken wie lang man drin war oder nicht, weil es niemanden gab, der es beobachten konnte. D.h. die Selbstvergessenheit ist ein Zustand, der sich dadurch auszeichnet, dass man nicht gleichzeitig darauf reflektiert, was man in diesem Zustand gleichzeitig ist – oder im Zen würde man sagen, es ist Keiner zuhause. 

Wenn man nicht mit Hypnose arbeiten möchte, kann man sich auch vorstellen, dass man die Submodalitäten eines inneren Bildes immer heller und heller oder immer dunkler und dunkler macht bis nichts mehr zu erkennen ist. In einigen Meditationsschulen spricht man auch vom schwarzen Spiegel, indem sich eben nichts spiegelt. Weder Eindrücke von außen, noch innere Vorstellungen, was übrigbleibt ist reine Bewusstheit. Ohne ein reflektierendes ICH was darauf reflektiert, dass es gerade keine bewussten Inhalte hat. Da diese Reflektion wieder einen Inhalt hätte. 

Das größte Problem bei diesem Leerwerden besteht darin, dass für unseren Beobachter der Zustand dass nichts zu beobachten ist schier unerträglich ist. Und er darum in diesem Prozess ständig hineingrätscht. Allerdings kann man mit diesem inneren Beobachter arbeiten wie mit jedem anderen Teil in NLP auch. Man kann seine positive Absicht klären, man kann mit ihm Vereinbarungen treffen und man kann mit seinen Ängsten und Bedenken arbeiten. 

Die Frage, die sich jetzt stellt ist ‚Was habe ich davon ganz im Hier und Jetzt zu sein? 

Die einfache Antwort lautet: ein sorgloses Dasein. Und damit ist nicht gemeint, dass es keine Herausforderungen im Hier und Jetzt gibt, sondern dass sich Sorgen im Sinne von Bekümmertsein, Angst haben, aber auch ein schlechtes Gewissen haben, Zustände sind, die notwendigerweise voraussetzen, dass wir mit unserem Bewusstsein entweder in der Zukunft oder in der Vergangenheit sind. D.h. die Freude am Dasein vermiesen wir uns selber vorwiegend dadurch, dass wir eben nicht ganz im Hier und Jetzt sind. Und unser Verstand gibt uns tausend gute Gründe warum wir eben gerade jetzt nicht im Hier und Jetzt sein sollten sondern woanders. Diese unangenehme Angewohnheit unseres Denkapparates kann man sich im Prinzip genauso abgewöhnen wie jede andere unangenehme Eigenart. Allerdings etwas schwerer, da es eben nicht irgendeine Angewohnheit ist, wie z.B. bei Stress an den Nägel zu kauen, oder bei Einsamkeitsgefühlen zu viele Süßigkeiten zu essen sondern es ist die Daseinsgrundbefindlichkeit des Menschen seit Tausenden von Jahren. Zeugnisse aus allen Hochkulturen zeigen und in ihnen ihre erleuchtetsten Repräsentanten wie Buddha oder Jesus, dass diese Daseinsgrundbefindlichkeit schon von diesen Weisheitslehrern als das Haupthindernis für ein erfülltes Leben gesehen wurde. Die Einsicht ist also nicht neu, sondern immer wieder neu – so lange bis die Menschheit diese einfach Lektion gelernt haben wird. Und bisher waren die einzigen Werkzeuge, die dafür zur Verfügung standen Meditation und Gebet. Wir können uns aber die Werkzeuge des NLP zu nutzen machen um uns, sofern wir das wollen, auf diesem Weg zu unterstützen. Und die Kirsche auf der Sahnetorte ist eben nicht nur ein sorgloses Dasein, sondern ein kreatives Dasein. D.h. Kreativität entspringt dem Bewusstseinszustand im Hier und Jetzt zu sein, wie alle wirklich kreativen Menschen in ihren Selbstzeugnissen immer wieder bestätigt haben. Und in letzter Zeit hat sich dafür der Ausdruck ‚im Flow sein’ eingebürgert. 

Klaus Grochowiak 9.12.2016 

Der Wert als Fetisch 

Nichts hat einen Wert, außer wir vergeben einen. 

Die Welt ist wie sie ist und wird durch ihre Bewertung nicht anders. Erst als sich in diesem Universum eine spezielle Lebensform entwickelt hatte, die über Sprache verfügte, konnte aus dem tierischen Bevorzugen oder Ablehnen so etwas wie eine Bewertung und dann die Nominalform des Wertes entstehen. 

In dem Moment, in dem der Mensch vergisst, dass es seine relativ willkürliche Bewertung war, die den Wert als solchen durch einen Sprechakt hervorgebracht hat, wird der Wert zu etwas, was das so bewertete Ding oder Subjekt an sich hat. In diesem Moment wird der Wert zum Fetisch. 

Karl Marx spricht in seinem Hauptwerk Das Kapital im ersten Band vom Warenfetisch. Er meint damit den Umstand, dass Produkte an sich keinen Wert haben, sondern dass sich im Wert eines Produkts die gesellschaftlich durchschnittliche Arbeitszeit ausdrückt. 

„Dass Arbeitsprodukte, solche nützlichen Dinge wie Rock, Leinwand, Weizen, Eisen usw., Werte, bestimmte Wertgrößen und überhaupt Waren sind, sind Eigenschaften, die ihnen natürlich nur in unsrem Verkehr zukommen, nicht von Natur, wie etwa die oder warm zu halten oder zu nähren.

In diesem Sinne ist Wert auch immer etwas Relatives. So ist eine Ware z. B. das doppelte wert wie eine andere, und der Preis einer Ware ist die allgemeine Form, in der diese Relativität ihren abstrakten Ausdruck findet. 

In der Psychotherapie wird dieser Wertfetisch besonders problematisch, wenn es um den so genannten Selbstwert geht. Dies äußert sich z. B. in Formulierungen wie „Ich bin es nicht wert, geliebt zu werden.“ Oder „Ich bin mich nichts wert.“ Oder „Ich habe einen zu geringen Selbstwert.“ 

In all diesen Formulierungen schwingt die Vorannahme mit, dass Selbstwert etwas ist, was wie eine Eigenschaft (Körpergröße, Augenfarbe usw.), gehabt oder eben nicht gehabt werden kann. 

Dabei wird verdrängt, dass Wert immer eine Relation anzeigt: X ist für Y etwas wert. Im NLP würde man hier sofort fragen: „Für wen bist du nichts wert (gewesen)?“ Und im Regelfall beginnt die entsprechende Erfahrung natürlich bei den Eltern. Diese bewerten ihr Kind dadurch, wie sie sich ihm gegenüber verhalten; und wie sie sich relativ z. B. zu den Geschwistern verhalten. 

Darüber hinaus gibt es dann womöglich auch noch explizite Zuschreibungen, wie „Du bist zu gar nichts zu gebrauchen!“ Oder: „Frauen sind weniger wert als Männer.“ „Wir haben uns auf einen Sohn als Stammhalter gefreut, und jetzt kommt noch ein Mädchen … welch eine Enttäuschung.“ 

Das Kind übernimmt dann die Bewertungen der Eltern und hält sich selbst für nichts wert. 

Dieser Prozess wird noch dadurch unterstützt und verschärft, dass auch in der Gesellschaft der Wert eines Menschen durch seine Intelligenz, seine Schönheit, seinen Erfolg usw. bemessen wird. 

In früheren Gesellschaften ging diese Fetischisierung sogar so weit, dass man geglaubt hat, dass Menschen, die aus einer adligen Familie stammen, von Hause aus mehr wert sind; sie haben blaues Blut. 

Auch wenn wir diese Fetischisierung überwunden haben, bedeutet das nicht, dass wir jenseits der Fetischisierung angekommen sind. 

Und auch der Versuch, den Wert eines Menschen als unantastbar – wie in unserem Grundgesetz – zu erklären, ist schon in seiner Formulierung abstrus. „Unantastbar“ bedeutet, dass es gar keine Möglichkeit gibt, ihn anzutasten. Die gesellschaftliche Realität auf unserem Globus beweist uns minütlich, dass der Wert und die Würde von Menschen angetastet und mit Füßen getreten werden. 

Richtiger wäre wohl die Formulierung, dass wir selbst unter keinen Umständen die Entwürdigung von Menschen billigen wollen. Praktisch äußert sich das z. B. im Verbot der Folter durch staatliche Organe; und zwar unter allen Umständen. 

Aber auch hier wird immer noch so getan, als ob es so etwas wie den Wert oder die Würde des Menschen an sich gibt. 

Und all denen, die im gesellschaftlichen Bewertungsspiel notorisch am unteren Ende zu finden sind, hat man ein Trostpflaster verpasst. Als Kinder Gottes sind sie geliebt und haben einen unveräußerlichen Wert. 

Selbstwert ist also immer die Verinnerlichung der erfahrenen Bewertungen durch andere bzw. die Übernahme der gesellschaftlich gängigen Bewertungsmaßstäbe. Und aus der schlichten Tatsache, dass Menschen sich sehr unterschiedlich, ja gegensätzlich bewerten, folgt, dass niemand einen Wert hat oder haben kann. Jeder kann aber zum Gegenstand von Bewertungen werden, auch von seinen eigenen. 

In diesem Sinne wäre die radikalste Lösung des so genannten Selbstwertproblems die Aufgabe der Vorstellung, dass Menschen überhaupt einen Wert haben. Ihre Arbeitsleistung, ihre Intelligenz, ihre Schönheit usw. kann in einem bestimmten Kontext und für bestimmte andere Menschen einen Wert haben, aber niemand hat einen Wert an sich. 

Diese Überlegung ist sehr leicht intellektuell nachvollziehbar, aber nur sehr schwer lebbar. Dies ist auch der Grund, warum so viele Menschen depressiv werden, wenn sie z. B. ihre Arbeit verlieren oder einen bestimmten sozialen Status. Sie fühlen sich wertlos, weil sie keine Werte mehr schaffen. 

Bei nomadisierenden Stämmen war es oft so, dass sich die Alten und Gebrechlichen zum Sterben zurückgezogen haben, da sie für den Stamm zu einer Last wurden, sie konnten nichts mehr beitragen. 

Und im Faschismus gab es den schrecklichen Ausdruck des lebensunwerten Lebens. Und damit wurde die Haltung von Tierzüchtern auf Menschen übertragen. Wenn Menschen Tiere oder Pflanzen züchten, dann möchten sie, dass die Exemplare bestimmte Eigenschaften haben und andere eben gerade nicht. Und all die Exemplare, die dieser Vorstellung nicht entsprechen, werden aussortiert. 

Und ich möchte behaupten, dass der Fetisch des Wertes eines Menschen schon im Keim diese Haltung beinhaltet; und all die Beteuerungen vom Wert des menschlichen Lebens und von der Gott-Ebenbildlichkeit haben zu keiner Zeit die schlimmsten Grausamkeiten verhindert. 

Der wirkliche Ausstieg aus der Konditionierung des Wertfetischs ist nach meiner Erfahrung nicht dadurch zu erreichen, dass man die Entwertungen reframt, sodass der Klient doch so etwas wie Selbstwert erfahren kann. Eine Illusion, die sich besser anfühlt, bleibt immer noch eine Illusion. 

Der innere Vollzug, der es ermöglicht, aus dem Wertefetischismus auszusteigen, ist durch das intellektuelle Verstehen seiner Haltlosigkeit noch lange nicht gewährleistet. Erst die für das Ego niederschmetternde Erfahrung der absoluten Sinnlosigkeit des eigenen Lebens, die durch keine Sinnkonstruktion aufgehoben werden kann, ermöglicht, wenn überhaupt, eine existenzielle Wende, die den Menschen mit seinem Dasein in der Welt auf eine Weise versöhnt, die die Frage nach dem Selbstwert als lächerlich erscheinen lässt. 

Dieser Vollzug, der manchmal auch als der Tod des Egos bezeichnet wird, kann durch keine Psychotherapie, durch keinen spirituellen Weg, durch keine Praxis des Übens gewährleistet werden. Darum ist er auch so selten. Denn an Angeboten für Erleuchtungswege mangelt es seit vielen tausend Jahren nicht. 

Der Hinweis, dass der Mind, also unsere Fähigkeit, Bedeutungen und Bewertungen zu produzieren und ein entsprechendes Weltmodell, der eigentliche Störenfried ist und daher überwunden werden müsste, mag zwar seine Richtigkeit haben, bleibt aber als solcher völlig wirkungslos. Und auch die Übungswege, Koans, Meditation usw. produzieren eben nicht reihenweise erleuchtete Individuen. 

Als Psychotherapeuten sollten wir das wissen und beherzigen. D. h. wir können mit unseren Mitteln krankmachende Fremd- und Selbstbewertungen durchschaubar machen und ihnen dadurch ihre Macht nehmen, aber dadurch ist noch niemand aus dem Wertfetischismus befreit worden. 

Wir können sogar die Fragwürdigkeit des so genannten Selbstwerts in bestimmten Grenzen erlebbar machen, aber ob dieser Zustand für die betreffende Person aushaltbar ist, dass entzieht sich völlig dem Einfluss jedes Menschen auf einen anderen Menschen; hier ist jeder ganz bei sich – oder eben nicht. 

Klaus Grochowiak, Januar 2012 

Das Buch

Die neue NLP-Kurzgeschichte beschreibt einen möglichen Weg zum NLP. Viel Spaß bei der Lektüre:

„Da hätte sie mir auch gleich ein Deo schenken können“, dachte er, „das wäre nicht weniger taktlos gewesen.“ Seine Halsader war gefährlich angeschwollen. Unwillkürlich trat er das Gaspedal seines neuen, mattschwarzen Cayennes weiter durch. Geschwindigkeitsbegrenzungen verstand er bestenfalls als Empfehlungen. Er ließ sich doch von so einem lächerlichen Schild nicht vorschreiben, wie schnell er zu fahren hatte. Frechheit.

Sein Blick fiel auf das Cover des Buches, das halbausgepackt auf dem braunen Leder des Beifahrersitzes lag: „Endlich richtig kommunizieren mit NLP“. Am liebsten hätte er dieses Geschenk seiner Kollegin aus dem Fenster gepfeffert. Oder heute Abend seiner Frau davon erzählt. Dumm nur, dass diese ihn vor sechs Wochen mit den Worten „Mit dir kann man einfach nicht reden“ verlassen hatte.

Die Tankleuchte sprang an und er fuhr an der nächsten Tankstelle raus. Wenige Minuten später fuhr er mit vollem Tank und zwei Flaschen Rotwein im Gepäck weiter. Zu Hause angekommen, machte er den Kamin an und wechselte in seinen Armani-Jogging-Anzug. Da er eh nichts Besseres vorhatte, würde er dieses blöde Buch lesen. Nur, um es bei nächster Gelegenheit seiner Kollegin um die Ohren hauen zu können.

Die Erkenntnis

Nachdem er sich ein Glas Rotwein eingeschenkt hatte, schlug er willkürlich die Seite 47 auf. Im zweiten Absatz las er: „Wir kommunizieren häufig mit Anderen so, wie mit uns als Kind kommuniziert wurde.“ Wie gut, dass er jetzt alleine war und niemand die Tränen sah, die er plötzlich in den Augen hatte. Er hatte wieder die ewigen Beleidigungen und Schreiereien seines Vaters im Ohr, die er sein Leben lang so gehasst hatte. Und so sollte er heute mit anderen kommunizieren? Er errötete im Schein des flackernden Kamins, als ihm langsam immer mehr Beispiele einfielen, wie er seine Sekretärin und Mitarbeiter, Freunde und Partnerinnen so runtergemacht hatte, wie er das früher so oft selbst erlebt hatte.

Okay, das ging gar nicht. So wollte er nicht mehr mit den Menschen, die ihm wichtig waren, kommunizieren. Allein wegen dieses einen Satzes hatte sich die Lektüre des Buches schon gelohnt. Er beschloss, es von Anfang an zu lesen. Als er um drei Uhr nachts ins Bett ging, war das Buch verschlungen und eine neue Welt hatte sich ihm geöffnet.

Der Morgen danach

Am nächsten Morgen war sein erstes Ziel der Blumenladen. „Einen schönen Blumenstrauß für 50 Euro. Tun Sie ein paar pinkfarbene Lilien dazu“, wandte er sich an die Thailänderin, der der Laden gehörte. Er hatte mal aufgeschnappt, dass dies die Lieblingsblumen von Kirsten, seiner Kollegin, waren. Als nächstes hielt er am Coffeeshop: „Zwei Latte to go. Einen mit einem doppelten Shot Vanille und Sojamilch.“ So trank Kirstin ihren Kaffee am liebsten.

Als er ihr Büro mit Blumenstrauß und Kaffeebecher betrat, musste er gar nichts sagen. Sie wusste: Es gab Hoffnung.

Informationen zu unseren NLP-Ausbildungen findet Ihr hier.

 

Mein Schreibtisch und ich – NLP-Kurzgeschichte

 

 

 

Wenn mich Teilnehmer*innen meiner NLP-Ausbildungen nach einem Beispiel für Ressourcen fragen, erzähle ich häufig folgende Geschichte:

Der erste gemeinsame Morgen

Es begab sich vor bald zwanzig Jahren. Da stand er nun und war einfach perfekt. Genau, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Sein sorgfältig geöltes Kirschholz schimmerte rötlich in der aufgehenden Morgensonne. Seine Oberfläche schmeichelte durch seine samtige Weiche.

Und auch seine Größe – genau richtig. Mit meinem ausgestreckten linken Arm erreichte ich leicht seinen linken Rand; mit meinem rechten Arm seinen rechten. So hatte ich zukünftig genug Platz für all meine Unterlagen, Manuskripte und Aufzeichnungen, die ich im unmittelbaren Zugriff haben wollte. Nichts lag mehr außerhalb meiner Reichweite.

Der erste Tee

Nachdem die Spediteure gegangen waren, stand ich noch einige Minuten andächtig vor meinem Schreibtisch. Dann ging ich erst einmal in die Küche, um mir einen Earl Grey mit Zitrone zu bereiten.

Sobald der Tee drei Minuten in meiner schönsten Teetasse gezogen hatte, trug ich ihn zurück in mein Arbeitszimmer. Dort legte ich das neue türkisblaue Filzpad auf die Schreibplatte und stellte die erste Tasse Tee auf meinen neuen, extra für mich maßgeschneiderten Schreibtisch.

Meine Träume bekommen ein Zuhause

Dann war es soweit. Ich setzte mich. Ich wusste sofort: Das erste Mal seit langer Zeit hatten meine Gedanken und Träume ein Zuhause. Hier durften sie sein. Hier waren sie gleichzeitig willkommen und geschützt. Hier fanden und finden sie den Raum um sich zu ordnen, sich zu verlieren und zu strukturieren.

Alle Ressourcen tragen wir immer schon in uns

Am Anfang dachte ich noch, ich müsste wirklich an diesem Schreibtisch sitzen, um Zuhause zu sein. Doch schnell entdeckte ich, dass dies nicht der Fall war. Es reichte, wenn ich mir dies vorstellte. Und seitdem ist mein Schreibtisch eine wirkliche Ressource. Denn seither finden meine Träume und Gedanken in jedem Meeting, in jedem Durcheinander und in jedem Sturm ihren geschützten Platz.

Kaum stelle ich mir vor, an meinem samtweichen, rötlich schimmernden Schreibtisch zu sitzen, schon ist es da – das geschützte Domizil meiner Fantasien. Ein Kraftquell, der mich überall begleitet und nie verlässt.

Merke: Ressourcen im Außen unterstützen nur bedingt. Sie entfalten erst dann ihre volle Wirkung, wenn wir sie in uns tragen.

Der Schatten der Chefin – NLP-Kurzgeschichte von Dr. Susanne Lapp

„Wieso kriegen Sie eigentlich nie etwas im ersten Anlauf hin?“, fauchte Frau Unschuld ihre Sekretärin an in deren ordentlich aufgeräumten Büro. Frau Unschuld hatte Zornesfalten auf der Stirn und hektische Flecken am Hals. Wieso musste eigentlich immer sie dieses Pech haben und an völlig unfähige Sekretärinnen geraten?

„Noch letzte Woche haben Sie mich gebeten, bei der Ablage immer zuerst mit dem Namen zu beginnen und dann erst den Titel einzupflegen“, versuchte sich Frau Bandler zu rechtfertigen. „Ja natürlich, aber dass das hier eine Ausnahme sein muss, ist doch ganz offensichtlich!“ rief Frau Unschuld genervt aus. „Schließlich haben wir es nicht jeden Tag mit einem DAX-Vorstand zu tun.“

Frau Bandler verstand gar nichts mehr. Was hatte das mit der Frage der Anlage in dem Kontakteordner zu tun? „Aber …. “ wollte sie noch einmal ansetzen. „Nun werden Sie nicht frech! Das ist alles nun wirklich nicht meine Schuld“. Die Stimme ihrer Chefin erreichte langsam hysterische Höhen.

Früher wäre Frau Bandler an dieser Stelle in sich zusammengesunken. „Du bist auch einfach zu doof“, hätte sie sich selbst gescholten. Den Satz hatte sie früher beinahe täglich von ihrem Vater gehört und es lange Jahre tatsächlich geglaubt.

Doch spätestens seit ihrer NLP-Ausbildung wusste sie, dass jeder für sein Handeln selbst verantwortlich ist. Sie war weder für die Hysterie ihrer Vorgesetzten noch für die ewige Mysogonie ihres Vaters zuständig. Schon besserte sich ihre Laune und ein Lächeln umspielte ihre Lippen.

„Mensch, Frau Unschuld, Sie haben es aber auch schwer“ entfuhr es ihr. Sie wollte eine leise Ironie nicht mehr unterdrücken. Frau Unschuld öffnete den Mund – nur um ihn dann wortlos wieder zu schließen. „Ähhh …“ stammelte sie und sah aus wie ein Fisch auf dem Trockenen.

Frau Bandler hörte noch die Stimme ihrer Trainerin im Ohr: „Jedes Mal, wenn Ihr Euch als Opfer fühlt, geht davon aus, dass es einen gleich großen Täter-Anteil in Euch gibt. Den seht Ihr aber nicht, weil er im Schatten ist.“ Diesen Satz hatte sie lange nicht verstanden. Heute war er ihr klar geworden: Ihr Chefin, diese wandelnde selbst ernannte Unschuld, fühlte sich ständig als Opfer der Umstände und der – vermeintlich – unfähigen Mitarbeiter. Gleichzeitig benahm sie sich wie der größte Bulli des Schulhofs, eben wie eine Täterin.

Den Spruch, den sie gestern Abend beim Chinesen im Glückskeks gefunden hatte, schien ihr jetzt doch nicht mehr so überzeugend: „Wende dein Gesicht der Sonne zu. Dann fallen die Schatten hinter dich.“ „Stimmt“ dachte sie, „doch dadurch sind sie nicht weg. Lediglich du siehst sie dann nicht mehr. Alle anderen jedoch durchaus.“ Fast tat Frau Unschuld ihr leid.

Welche Kommunikationsspiele spielen wir im Alltag und was richten wir damit an?

Wir alle kennen das: Es gibt Menschen, bei denen wir uns am Ende eines Gesprächs regelmäßig schlechter fühlen als vorher. Woran dies liegt, erklärt das Konzept der Kommunikationsspiele, das von Eric Berne, dem Begründer der Transaktionsanalyse, entwickelt wurde.

Die Spiele der Erwachsenen sind nicht harmlos

Denn die Spiele der Erwachsenen, wie Berne diese Art von Spielen auch genannt hat, sind kein unschuldiger Zeitvertreib. Es handelt sich dabei um „verdeckte Transaktionen“, also um eine doppeldeutige Kommunikation. Am Ende fühlen sich die Beteiligten regelmäßig schlechter als vorher.

Ablauf eines typischen Spiels

Spiele laufen nach folgendem Schema ab:

  1. Attraktives Angebot, das als Falle dient (Spieleinladung oder Köder auslegen)
  2. Spielinteresse des Anderen (Schlucken des Köders)
  3. Harmlose Reaktion und Austausch von Aufmerksamkeiten
  4. Rollenwechsel des Einladenden
  5. Überraschung des Eingeladenen
  6. Auszahlung für Beide (negativer Art)

Betrachten wir dieses Schema an einem alltäglichen Beispiel:

  1. Spieleinladung oder der Köder: Herr Meier, Senior Manager, bittet Herrn Paul, ebenfalls Senior Manager, um seine Einschätzung in einer Personalangelegenheit. Er schmeichelt ihm, indem er auf dessen hohe Kompetenz in dieser Angelegenheit hinweist. Gleichzeitig betont Herr Meier, wie unangenehm es ihm ist, überhaupt um Hilfe zu bitten.
  2. Spielinteresse des Anderen: Herr Paul gibt sich jovial und sagt seine Hilfe zu, ohne auf den Zusatz, dass es A unangenehm ist um Hilfe zu bitten, einzugehen.
  3. Beide tauschen sich kurz inhaltlich über die fragliche Personalangelegenheit aus.
  4. Rollenwechsel: Herr Paul beginnt mit seiner Hilfsaktion und übernimmt dabei die Kontrolle des weiteren Verlaufs der Interaktion. (Rollenwechsel des Eingeladenen).
  5. Überraschung des Eingeladenen: Herr Meier fühlt sich überflüssig und bevormundet und wird zunehmend gereizter. Was Herr Paul scheinbar überrascht bemerkt und als Undankbarkeit interpretiert; nun reagiert er seinerseits gereizt und genervt.
  6. Auszahlung negativer Art: Diese Interaktion endet, wie man sich leicht vorstellen kann, in einem Streit. Die Auszahlung besteht darin, dass sich beide schlecht fühlen und die Beziehung einen Schaden genommen hat.

Während dieser Transaktion hat ein typischer Rollenwechsel stattgefunden. Zuerst war Herr Meier das Opfer; schließlich fühlte er sich mit einer Aufgabe überfordert. Herr Paul war in der Rolle des Retters, der Herr Meier helfen wollte. Dann begann Herr Meier Herrn Paul zu kritisieren, wodurch dieser in die Rolle des Opfers rutschte. Herr Meier übernahm die Rolle des Verfolgers. Jetzt wurde Herr Paul wütend und warf Herrn Maier Undankbarkeit vor. Damit ging er in die Rolle des Verfolgers und machte Herrn Meier wieder zum Opfer. Nach einigen Runden dieses Drama-Karussells war die Interaktion beendet.

Wieso überhaupt Spiele?

Man fragt sich, wofür es gut sein soll, dass Menschen halb bewusst, halb unbewusst solche Interaktionen anzetteln. Die Antwort ist überraschend einfach. Sie realisieren damit ihr Skript. Unter dem Skript versteht man in der Transaktionsanalyse den Lebensplan eines Menschen, den der schon in seiner frühen Kindheit und Jugend auf Grund der elterlichen Zuschreibungen und der kindlichen Interpretation seiner Lebenserfahrungen, entwickelt hat.

Zu diesem Lebensplan gehören viele Glaubenssätze, wie „ich bin nicht O.K.“ oder „letztlich kann ich mich sowieso auf niemanden verlassen“. Und Glaubenssätze haben die innere Dynamik, wie selbsterfüllende Prophezeiungen zu wirken.

Indem Herr Meier das Spiel beginnt, stellt er sicher, dass seine Überzeugungen wiedermal bestätigt werden. Und da man schlecht auf jemanden direkt zugehen kann und ihm sagen kann: „Bitte bestätige mir, dass ich nicht O.K. bin und ich mich auf dich auch nicht verlassen kann,“ muss man sich diese Bestätigung über ein Spiel, eine verdeckte Transaktion holen.

Nicht jedes Spiel ist harmlos

Das hier dargestellte Spiel ist noch vergleichsweise harmlos. Aber es gibt auch Spiele, bei der es nicht auf der kommunikativen Ebene bleibt.

Ein Beispiel: Ein Gast verschüttet auf einer Einweihungsparty für die neue Wohnung, „ganz aus Versehen“ seinen Rotwein auf den neuen Teppich. Er entschuldigt sich und beteuert, wie leid ihm das Missgeschick tut. Der Gastgeber bleibt ganz gelassen und sagt: „ich gebe dir die Rechnung für die Reinigung und du reichst den Schaden einfach bei deiner Haftpflichtversicherung ein.“ Der Gast sagt darauf, dass er keine Haftpflichtversicherung habe. Der Gastgeber sagt: „Na dann musst du die Reinigung selbst bezahlen.“ Der Gast antwortet, dass er sich das im Moment nicht leisten könne, und dass er im umgekehrten Falle auch keinen Schadenersatz fordern würde. Er wird zum Verfolger, indem er den Gastgeber kleinlich nennt.

Es bedarf keiner großen Fantasie, um sich die Eskalation auszumahlen. Der Gast spielt ein Neid-Spiel und versucht das, worauf er neidisch, ist zu beschädigen und ungestraft davon zu kommen. Hier geht es schon um mehr als nur Kommunikation, hier geht es um materiellen Besitz. Dies gehört in die 2. Eskalationsstufe der Spiele der Erwachsenen.

Es gibt Spiele auf Leben und Tod

In der dritten Eskalationsstufe von Spiele geht es um Leben und Tod. Ein Beispiel möge dies verdeutlichen: Ein Mann verhält sich in einer Beziehung extrem gewalttätig, worauf die Frau ihn verlässt. Er droht ihr nun, entweder sie oder sich selbst umzubringen.

Fazit

Wir sehen also: Mit Spielen ist nicht zu scherzen. Es lohnt sich, sich sowohl mit den Spielen, die man regelmäßig selber anzettelt, wie auch mit den Spielen, für die man immer wieder die Köder schluckt, intensiver zu unterbrechen. So gelingt der Ausstieg aus den nervigen, zeit- und Energie raubenden Interaktionsdramen. Das Miteinander wird deutlich entspannter und erfreulicher.

Wer jetzt Lust hat, einen Blick auf die eigenen Spiele zu werfen, ist herzlich eingeladen, beim Spiele-Seminar mit Klaus Grochowiak am 10./11. März dabei zu sein. Wie man Spiele bei sich und anderen erkennen und unterbrechen kann, das ist Inhalt des Spiele-Seminars.