Mit NLP durch das „Empty Nest Syndrom“: Eigene Entwicklungserfahrungen in einer besonderen Lebensphase

Mit NLP durch das „Empty Nest Syndrom“: Eigene Entwicklungserfahrungen in einer besonderen Lebensphase

Wie man NLP nutzen kann, um sich selbst durch eine schwierige Lebensphase zu coachen, schildert Kirsten Harder in ihrer NLP-Master-Arbeit:

„Mit NLP durch das „Empty Nest Syndrom“: Eigene Entwicklungserfahrungen in einer besonderen Lebensphase“

Einführung
Es kommt dann doch sehr plötzlich. Meine Tochter hat frisch ihr Abitur bestanden und zieht in die Welt hinaus. Ich habe mich bemüht, ihr durch meine Erziehung „Wurzeln und Flügel“ zu geben und sie nutzt die Flügel, um aus dem Nest zu fliegen. Nach 20 Jahren prallen, bunten, fröhlichen, traurigen, aufregenden, ruhigen und lauten gemeinsamen Lebens in einem Nest wird es plötzlich sehr ruhig um mich. Ich hatte versucht, mich vorzubereiten, bin dann aber doch erstmal in ein Loch gefallen. Natürlich ging und geht es so wie mir vielen, vermutlich allen Elternteilen in der Situation; es gibt dafür sogar einen Namen: das „Empty Nest Syndrom“.

Glücklicherweise habe ich in 2021 eine Ausbildung zur NLP Practitioner Coach absolviert und direkt danach mit der Masterausbildung weitergemacht. Ich möchte systemische NLP Master Coach werden und die Wahl meines Themas für die Masterarbeit fiel mir sehr leicht: Ich möchte im Folgenden untersuchen, inwiefern meine erlernten NLP-Formate mir helfen, durch diese besondere Lebensphase zu kommen oder diese sogar als positiv zu erleben.

Dabei stelle ich im Kapitel 2 dar, was das „Empty Nest Syndrom“ ist. Kapital 3 widmet sich dem Thema NLP-Formate und Aufstellungsarbeit. Darin beschreibe ich zwei verschiedene Interventionen, zum einen die Arbeit mit dem inneren Kind, zum anderen eine systemische Aufstellungsarbeit im Coaching. In Kapitel 3.3 geht es um „Erste Hilfe“ im Alltag oder „NLP to go“. Hier stelle ich beispielhaft drei verschiedene Techniken vor, die einfach angewendet werden können und mir den Alltag sehr erleichtern. In Kapitel 4 schließe ich mit meinem Fazit.

2. Das „Empty Nest Syndrom“ —> was ist das?

„Mit dem Begriff Empty-Nest-Syndrom (ENS, engl. empty nest syndrome) wird eine Gefühlslage von Einsamkeit und Trauer beschrieben, die sich bei der Mutter und/oder dem Vater einstellen kann, nachdem das letzte (oder einzige) Kind das elterliche Haus verlassen hat.“ (Refubium)

„Wörtlich in die deutsche Sprache übersetzt bedeutet „Empty-Nest-Syndrom“ Leeres-Nest-Syndrom und meint die Anpassungsstörung, die auftreten kann, wenn das letzte Kind das Elternhaus verlässt.“ (Wikipedia)
Viele Elternteile, vor allem Mütter, die in der Regel die Hauptverantwortung für die Kinder tragen, „können…mit der plötzlichen Leere gar nicht gut umgehen. Denn auf einmal ändert sich der ganze Tagesablauf: Tägliche Aufgaben wie für die Kinder Essen kochen, Wäsche waschen und aufräumen müssen nicht mehr erledigt werden, außerdem entfallen die lieb gewonnenen Gespräche und das bunte Treiben im Haus. Die Kinder sind nun flügge, und das Nest ist leer.“ (Sinnsucher)

Dabei „ist das ENS an sich keine Krankheit, sondern Folge eines ganz normalen Lebensereignisses, welches es zu bewältigen gilt.“ (Wikipedia)

Ich bin 57 Jahre alt, alleinerziehend und habe eine 20-jährige Tochter, die direkt nach dem Abitur nach Amsterdam gezogen ist. Dort arbeitet sie und möchte für sich heraus finden, welche Ausbildung bzw. Studium am besten zu ihr passt. Die meiste Zeit unseres gemeinsamen Lebens haben wir zu zweit gelebt, insofern haben wir zueinander eine enge Beziehung entwickelt. Beruflich bin ich Führungskraft im Vertrieb in einer mittelgroßen Volksbank. Naturgemäß habe ich in den letzten zwanzig Jahren viel Zeit und Gedanken mit der Erziehung und Fürsorge für meine Tochter verbracht. Dabei habe ich die Zeit mit ihr grundsätzlich sehr genossen! Obwohl ich sehr stolz auf meine Tochter und auch auf mich und meine Erziehung bin, erwischte mich das ENS bereits ein paar Wochen vor dem Auszug meiner Tochter. Erste Anzeichen hatte ich, nachdem die Aufregung des Abiturs vorbei war und sie letztlich alles geschafft hatte. Ich hatte das Gefühl, dass ich in ein Loch fiel. Ich musste häufig weinen, war ruhe- und antriebslos und teilweise erschien mir meine Zukunft sinnlos. Ich bin normalerweise durchaus ein selbstbewusster Mensch, fühlte mich aber zunehmend nutzlos. Kurzfristig konnte ich meiner Arbeit, die mir grundsätzlich Spaß macht, nicht mehr nachgehen. Spätestens in diesem Moment wurde mir klar, dass ich diese Situation verändern wollte.

Als NLP-Practitioner Coach und aktuell in Ausbildung zur NLP Master Coach habe ich gelernt, dass „ausgehend von Erkenntnissen der modernen Systemtheorie, Linguistik, Neurophysiologie und Psychologie NLP beschreibt, wie Menschen …lernen und sich verändern (weiterentwickeln) können“ (Dr. Susanne Lapp Handbuch, S. 60). Dazu habe ich als Coach verschiedene Formate zur Verfügung, die ich nunmehr an mir selbst „ausprobiert“ habe. Darüber hinaus wusste ich mit Dr. Susanne Lapp eine äußerst kompetente Coach an meiner Seite, mit der ich das Thema im Rahmen einer Aufstellung bearbeitet habe.
Ich lade jetzt dazu ein, mich auf dieser Reise zu begleiten.

3. NLP-Formate und Aufstellungsarbeit

3.1. Arbeit mit dem inneren Kind —> der Weg aus der Einsamkeit

Ich fühlte mich neben meiner tiefen Traurigkeit zunehmend einsam. Ich bin in einen großen, bunten und vergnüglichen Freundeskreis eingebunden und bin normalerweise auch gerne mit mir allein, so dass mir dieses Gefühl der Einsamkeit zu heftig und „übertrieben“ erschien. Daneben kenne ich seit Jahren das Phänomen, dass das Geräusch einer tickenden Uhr bei mir ein tiefes Gefühl der Einsamkeit auslöst, das ich nicht verstehe und nicht zuordnen kann. Also begab ich mich in den Dialog mit meinem Unterbewusstsein. Zunächst atmete ich ein paar Mal tief durch und kam zur Ruhe. Dann lokalisierte ich das Gefühl der Einsamkeit in meinem Körper, es saß in meiner Brust, ungefähr zwei Hände breit, füllte meinen Brustkorb aus und dehnte sich aus von innen nach außen. Ich legte meine Hand auf diesen Bereich und bat mein Unterbewusstsein, mir ein Bild zu schicken. Dieses Bild kam sofort und zeigte die kleine Kirsten als Baby, ungefähr zehn Monate alt. Dieses Baby saß in einem Krankenhausbett. Es war dort ganz alleine und saß zusammen gesunken im Bett, das Köpfchen auf der Brust liegend. Dieses Bild ist mir vertraut, da ich mit diesem Baby bereits in einer früheren, angeleiteten Coachingsession gearbeitet habe. Ich musste als Säugling ins Krankenhaus und dort sechs Wochen bleiben. In dieser Zeit bekam ich keinen Besuch von meinen Eltern und hatte demnach keinerlei Kontakt zu nahen Bezugspersonen. Dies war im Jahr 1966 übliche Praxis und ist nicht auf ein wirkliches Desinteresse meiner Familie zurück zu führen. Meine Eltern und Großeltern durften am Wochenende für eine Stunde an ein Fenster, durch das hindurch sie mich sehen konnten. Für den Säugling war das eine sehr verstörende, traumatische Erfahrung.

Ich begab mich also an das Bettchen und sprach die kleine Kirsten an: „Hallo, Kirsten, ich habe den Eindruck, dir geht es nicht gut. Ich möchte dir gerne helfen. Hast du einen Moment Zeit?“ Sie reagierte gleich positiv auf mich, weil sie mich aus vorangegangenen Coachings bereits kannte. Sie richtete sich auf, hob ihr Köpfchen und schaute mich neugierig an. Ich fragte sie, ob sie wisse, wie alt wir beiden in der Zwischenzeit seien. Sie schüttelte den Kopf. Ich sagte ihr: „Wir beiden sind inzwischen 57 Jahre alt.“ Sie schaut überrascht. „Ich könnte mir vorstellen, dass du dich sehr allein fühlst und glaubst, niemand liebt dich und alle haben dich vergessen.“ Die Kleine beginnt zu weinen. „Deine Traurigkeit sehe ich und kann sie auch sehr gut verstehen. Deine Eltern haben dich aber damals im Krankenhaus lassen müssen, weil du krank warst und es war damals verboten, Babies auf der Säuglingsstation zu besuchen. Deine Eltern hätten dich gerne gesehen und haben sich um dich gesorgt, sie durften nur nicht zu dir kommen.“ Die Tränen versiegen.

„Das Gute, kleine Kirsten ist, dass die Situation hier im Krankenhaus lange vorbei ist und es danach ganz viele schöne Zeiten gab. Möchtest du die einmal sehen?“ Sie nickte, und ich ließ innerlich ein Update der schönen Situationen für sie laufen. Dabei ließ ich mir ausreichend Zeit, so dass die kleine Kirsten diese Momente auch in Ruhe aufnehmen konnte. Dabei ging ich mit ihr – zunächst auf dem Arm (ein sehr rührender Moment, in dem ich die Kleine aus ihrem Bettchen hole und sie sich an mich schmiegt), später an der Hand – immer weiter in Richtung Zukunft wobei sie immer älter und erwachsener wurde.

Zum Schluss stand sie mir gegenüber wie mein Zwilling und ich habe sie mit mir verschmelzen lassen. Das fühlte sich ganz wunderbar an und so, als hätte sich eine Leere in mir gefüllt. Ich drehte mich dann um und betrachtete nochmal die Situation im Krankenhaus mit dem jetzt leeren Kinderbett und stellte fest, dass dieser Raum für mich seine Schwere und das Gefühl der totalen Einsamkeit verloren hatte. Ich hatte meinen jüngeren Anteil erwachsen werden lassen.(Lapp Handbuch S. 355)

Als Erwachsene schaute ich mich nochmal ganz genau in dem Krankenzimmer um, spürte in mich hinein und horchte auf Geräusche. Es überraschte mich sehr, dass ich plötzlich eine Uhr identifizierte, die laut tickte. Das hörte sich genauso an, wie ich es oben beschrieben habe: Das Ticken einer Uhr versetzt mich in tiefe Gefühle der Einsamkeit. Ich nahm die Uhr mit und imaginierte mich auf einer Klippe über einem Meer. Dort stellte ich mich an den Rand und blickte aufs Meer, hörte die Wellen rauschen und versenkte mich ganz in die Natur. Dann nahm ich den Wecker und schleuderte ihn in den Abgrund. Das Gefühl danach war sehr erhebend, ich fühlte mich erleichtert und gestärkt und bekam plötzlich einen ganz weiten Blick. Seither habe ich das Ticken einer Uhr nicht wieder in meinem Kopf gehört und eine tatsächlich tickende Uhr hat bei mir keine Einsamkeitsgefühle mehr ausgelöst.

Das erste Format war die Arbeit mit meinem inneren Kind, ein Abschnitt aus der „Teile-Arbeit nach Dr. Lapp“ (Dr. Susanne Lapp, Handbuch, S. 324ff.) Grundsätzlich entstehen jüngere Anteile in uns als Resultat einer traumatischen Situation. Seelische Traumata sind definiert als „Ereignis, für das im Moment des Erlebens keine ausreichenden psychischen Verarbeitungsressourcen zur Verfügung standen“. (Dr. Susanne Lapp, Handbuch, S. 453) Für den Säugling Kirsten war es nicht möglich, das Erleben der plötzlichen von engen Bezugspersonen isolierten Situation zu verarbeiten. So haben sich Traumaanteile abgespalten, die bei mir als Erwachsene zum Gefühl der totalen Einsamkeit und Traurigkeit geführt haben. Hier wurde das ausgelöst dadurch, dass meine Tochter auszog und ich mich von ihr „alleingelassen“ fühlte, vermutlich der Triggerpunkt, der meinen Kindanteil in Erscheinung treten ließ.

Das Format mit der Uhr gehört zur Arbeit mit Submodalitäten. Hier habe ich den Ton (=Uhr ticken) elizitiert, der bei mir das unangenehme Gefühl der Einsamkeit ausgelöst hat. Dabei habe ich den Ton entmachtet und die damit verbundenen Gefühle neutralisiert. Das gelang dadurch, dass ich die Uhr „aus meinem Leben geschleudert“ habe und über den Ton des Tickens die Naturgeräusche des Meeres gesetzt habe. (Dr. Susanne Lapp, Handbuch, S. 275ff.)

Diese Interventionen sind mir gut gelungen. Tatsächlich liegen sie bereits drei Monate zurück, und ich hatte dieses tiefe Gefühl der Einsamkeit nicht wieder, auch nicht in Zeiten, in denen ich alleine in der Wohnung bin und meine Tochter sehr vermisse. Ich bin dafür sehr dankbar.

3.2. Systemische Aufstellungsarbeit —> der Weg aus der Sinnlosigkeit und Verzweiflung
Ich hatte in Abschnitt 2 darüber berichtet, bereits zu der Zeit, als meine Tochter noch zu Hause wohnte, in ein tiefes Loch gefallen zu sein. Dieses äußerte sich außer dem bereits Beschriebenen in einer tiefen Verzweiflung und dem Gefühl der Sinnlosigkeit. Ich fragte mich, was mein Leben denn noch für einen Sinn habe, wenn ich meine Tochter nicht mehr bei mir hätte. In „lichteren“ Momenten erschien mir diese Reaktion unangemessen und viel zu viel. Ich halte Traurigkeit und Wehmut für eine sehr „normale“ Reaktion in dieser Lebensphase, war aber erschreckt über die Intensität meiner Verzweiflung und Sinnlosigkeit.

Ich hatte das dringende Bedürfnis, dieses Thema mir näher mit meiner Coach Dr. Susanne Lapp anzuschauen. Dieses Coaching dauerte insgesamt eineinhalb Stunden. Wegen der Lesbarkeit dieser Arbeit werde ich im Folgenden ausschließlich die markanten Stationen und Ergebnisse darstellen.

Im Coaching formulierte ich zunächst mein Anliegen „Wie werde ich meine Verzweiflung los?“ Meine Coach schrieb diese Worte auf je ein Blatt Papier, und ich legte sie als Bodenanker aus, so wie sie aus meiner Sicht zueinander stehen. Im Anschluss begaben wir uns im Wechsel auf die verschiedenen Bodenanker. Wir stellten beide fest, dass zwischen der „Verzweiflung“ und dem „Ich“ keine wirkliche Verbindung bestand. Die „Verzweiflung“ hatte – für mich überraschenderweise – den Eindruck, dass sie gar nicht dazu und nicht einmal in den Raum gehörte. Daraufhin legte Susanne den Bodenanker vor die Tür. Das fühlte sich für mich stimmig an, gleichwohl blieb das Gefühl in mir, und ich musste immer wieder heftig weinen.

Wir begaben uns weiter auf die Suche, woher diese Verzweiflung und Sinnlosigkeit herrühren könnte. Im Verlauf stellten wir wichtige Bezugspersonen auf, u.a. kam es zu einem Dialog zwischen meiner Tochter und mir, in dem sie mich sehr deutlich bat, es nicht als Abschied zu betrachten, sondern als neuen Lebensabschnitt zu sehen, von denen es in ihrem und meinem Leben schon mehrere gab. Dieses „Reframing“ (= den Dingen eine neue Bedeutung geben) klappte allein durch die Anwendung eines neuen Wortes. Bis heute habe ich diese Phase nicht wieder Abschied genannt und fühle mich besser damit.

Laut meiner Coach war ein Trauma „im Raum“, das zunächst nicht konkret zugeordnet werden konnte. Um diesem auf den Grund gehen zu können, schrieb sie drei weitere Bodenanker „Biographie“, „Familiensystem“ und „frühere Leben“, die ich auf dem Boden anordnete. Weder bei „Biographie“ noch bei „Familiensystem“ spürte ich auf meinem „Ich“-Bodenanker stehend eine Reaktion. Eine deutliche Resonanz hingegen gab es zwischen „Ich“ und „frühere Leben“.

Nun wurde dieser Bodenanker immer weiter von mir weg geschoben zur Darstellung meiner früheren Leben, um heraus zu finden, was die Ursache meines offensichtlichen Traumas war. Ich selbst verblieb auf dem „Ich“. Plötzlich sah ich eine Frau und ihr Kind vor mehreren 100 Jahren (genau kann ich die Zeit nicht einordnen) in einem Kampfgetümmel. Die beiden sind auf der Flucht, die Lage ist sehr bedrohlich. Die Mutter aus dieser Zeit schafft es nicht, ihr Kind zu beschützen. Es wird von den Angreifern ermordet. Sie ist völlig verzweifelt über den Tod ihrer Tochter und hält ihr Leben für sinnlos, weil sie es nicht geschafft hat, ihre Aufgabe zu erfüllen und ihre Tochter zu beschützen. Ich spüre alle diese Gefühle und Energien ganz deutlich.

Susanne leitet mich an, mit der Frau Kontakt aufzunehmen. Dazu begebe ich mich räumlich mehr in ihre Nähe. Ich spreche sie an: „Ich sehe und spüre deine Verzweiflung und das Gefühl der Sinnlosigkeit in deinem Herzen. Es tut mir sehr Leid, dass deine Tochter ermordet wurde.“ Die Frau wirkt jetzt gefasster auf mich. Susanne gibt mir weiterhin die Worte vor: „Ich bin deine Reinkarnation und lebe im 21. Jahrhundert. Die Verzweiflung habe ich von dir übernommen. Das führt dazu, dass ich jetzt verzweifelt bin, weil meine Tochter zu Hause auszieht. Das Gefühl gebe ich dir heute zurück.“ Ich lokalisiere die Verzweiflung in meinem Körper und lasse die damit verbundene Energie aus meinem Körper in ein Rückgabekissen fließen. Das dauert einige Zeit und ich weine heftig. Dann gebe ich der Frau das Kissen zurück. Sie nimmt es an. Im nächsten Schritt spüre ich nach, wo die Hoffnungslosigkeit in meinem Körper sitzt. Auch diese Energie lasse ich aus mir heraus in ein Kissen fließen und gebe es der Frau zurück. Auch dieses nimmt sie an. Sie wirkt jetzt ruhig und friedlich und auch ich fühle mich jetzt deutlich ruhiger und friedlicher.

Danach begebe ich mich mit einem großen Schritt zurück und nehme ein neues Reinkarnationsdesign mit in mein jetziges Leben. Zurück in meinem jetzigen Leben fühle ich mich erschöpft, aber viel entspannter und zuversichtlich.

Ich habe in diesem Coaching eine frühere Seele getroffen, von der ich die Gefühle Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung übernommen habe. Diese standen vor vielen hundert Jahren im Zusammenhang damit, dass die Frau damals ihr Kind auf grausame Weise verloren hat. Und nun zeigten sich viele hundert Jahre später bei der grundsätzlich „harmlosen“ und vor allem völlig natürlichen Situation, dass das Kind das Haus verlässt, bei mir diese starken Gefühle, die ich mit der eigentlichen Situation nicht in Einklang bringen konnte.

Das Gefühl der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit kann ich nicht mehr feststellen. Und dieses Gefühl hat sich offenbar gänzlich aufgelöst, denn es ist bis heute nicht mehr aufgetreten. Das ist für mich ein toller Erfolg. Ich habe jetzt wieder Raum für meinen Stolz, meine tief empfundene Dankbarkeit und für ganz viel Liebe.

3.3. NLP als Erste Hilfe im Alltag / NLP to go

Neben den Interventionen aus Kapitel 3.1 und 3.2 bietet mir NLP mit allen seinen Formaten auch einen tollen „Erste-Hilfe-Kasten“. In diesem Kapitel möchte ich drei davon beispielhaft beschreiben.


3.3.1 Ressourcenaufbau bei Erschöpfung

Ich wache morgens auf und fühle mich sehr erschöpft. Nachts hatte ich viele Träume, die dazu geführt haben, dass ich sehr unruhig schlief und hin und wieder aus dem Traum aufgeschreckt erwachte. Am liebsten würde ich wieder ins Bett gehen, weil ich das Gefühl habe, den Tag nicht bewältigen zu können. In mir gibt es den Satz „Ich kann das nicht schaffen!“ Im Bauch ist es sehr unruhig.

Ich setze mich auf meinen Sessel, atme ein paarmal tief durch und starte die Klopftechnik im EFT (Emotional Freedom Technique) so wie ich es in meiner Ausbildung zur Practitioner Coach bei Wildwechsel gelernt habe (Dr. Susanne Lapp, Flipchart zur EFT). Hierfür werden zwölf Meridianpunkte mit Zeige- und Mittelfinger abgeklopft, um etwaige Blockaden zu lösen und das Nerven- und Energiesystem zu entspannen.
Folgende Punkte klopfe ich: Augenbraue, seitlich des Auges, Jochbein, unter der Nase, unter der Lippe, Schlüsselbein, unter dem Arm, Rippenpunkt, Daumenpfalz, Zeigefingerpfalz, Mittelfingerpfalz, Pfalz des kleinen Fingers, Karatepunkt der Hand und Gammutpunkt. Zu dem einzelnen Klopfpunkt sage ich den Satz „Auch wenn ich denke, ich kann das nicht schaffen, liebe und akzeptiere ich mich so wie ich bin.“
Während des Klopfens des Gammutpunktes bewege ich meine Augen zunächst im Uhrzeigersinn, danach entgegen dem Uhrzeigersinn. Im Anschluss summe ich eine Melodie. Und rechne danach eine kleine Rechenaufgabe.

Ich merke, wie ich immer ruhiger werde. Meine Anspannung vergeht und ich kann wieder klarer sehen und vor allem spüren. In diesem Falle spüre ich, wie ganz viel Energie aus dem Universum in mich hinein fließt und mich letztlich ganz ausfüllt. Die Erschöpfung ist weg.

3.3.2 Auf ins Ressourcenhaus
Ein Wochenende meiner NLP Masterausbildung hatte zum Inhalt das Arbeiten mit der Timeline. Eines der Ergebnisse aus diesem Wochenende war es, nach dem Aufbau einer unterstützenden Zeitlinie, die Lernerfahrungen, Gefühle und Ressourcen getrennt von den Ereignissen zu repräsentieren. (Skript Systemische NLP-Masterausbildung 2022, S. 23)

Dies tat ich durch den Aufbau eines Ressourcenhauses. Mein Ressourcenhaus ist eine hochherrschaftliche Villa, cremefarben und mit Erkern und Türmen. In dieser befinden sich verschiedene Zimmer, in denen meine Ressourcen aufbewahrt werden, es gibt beispielsweise eine Bibliothek, in der an jeder Wand hohe Bücherregale stehen mit vielen bunten Büchern. In diesem Zimmer hole ich mir meine Energie durch Lesen, Lernen, Weiterentwickeln, was in meinem Leben eine wichtige Rolle spielt. Ein anderes Zimmer beinhaltet eine grüne Hängematte mit Kissen und Decke, eine Musikanlage und eine große, grüne Pflanze. In diesem Zimmer träume ich und entspanne. Daneben gibt es ein Zimmer mit vielen Menschen, dort feiere ich Party, es gibt Musik und die Luft ist angefüllt mit Gemurmel und Lachen. Dies sind beispielhaft drei Zimmer, es gibt noch viele mehr, inzwischen auch eine Dachterrasse. In jedem Zimmer kann ich innerlich Energie tanken und mein Unterbewusstsein führt mich zielsicher in das Zimmer, das ich in dem Moment brauche. Wenn ich mich also in einem „wackligen“, ressourcenarmen Zustand befinde, setze ich mich z. B. in meinen Lieblingssessel und imaginiere die Wanderung durch mein Ressourcenhaus. Im Anschluss fühle ich mich ruhiger, entspannter oder kraftvoller, je nachdem, was mir vorher gefehlt hat.

Im Rahmen eines Coachings, das ein anderer Teilnehmer meines Masterkurses mit mir durchführte und in dem ich viel geweint habe darüber, dass meine Tochter nicht mehr bei mir wohnt habe ich mein Ressourcenhaus ergänzt: Mein Coach ließ mich ein Bild beschreiben, das meine Traurigkeit repräsentierte. Überraschenderweise war dieses Bild ein gelbes lachendes Smiley. Er lud mich nun ein, für dieses Smiley in meinem Ressourcenhaus einen Platz zu finden. Er sagte, ich müsse meine Traurigkeit nicht dauernd mit mir herumtragen, sondern könne mir einen Ort aussuchen zum Traurigsein, an den ich, wenn ich möchte, jederzeit zurückkehren könne. Das hat mich in dem Moment sehr erleichtert.

Mein Smiley hängt nun im Eingangsbereich ganz oben an der Wand, es ist klein und nur dann sichtbar, wenn ich darauf achte. Wenn ich im Alltag traurig bin, hole ich mir das Smiley vor mein inneres Auge, lasse meine Tränen dort hinein fließen und hänge es dann an seinen Platz zurück. Das hat zur Folge, dass ich nicht mehr von meinen Tränen „überrumpelt“ werde. Davon abgesehen muss ich auch innerlich lächeln, wenn ich meinen Smiley sehe, was dem Gefühl die Schwere nimmt.

3.3.3 Anker geben Halt
Mit Hilfe von Ankern ist es möglich, auf Knopfdruck Ressourcen zugänglich zu machen. Dabei ist der Anker eine Reiz-Reaktions-Kopplung auf neuronaler Ebene, die der Psychologe Donald Olding Hebb so beschreibt: „What fires together, wires together“. Wir alle kennen Anker, die „zufällig“ eine angenehme Reaktion auslösen, z. B. ein bestimmtes Lied oder ein Duft, der uns an einen schönen Moment erinnert. Dieses Verfahren kann man sich durch die Ankertechnik im NLP gezielt zunutze machen. (Dr. Susanne Lapp, Handbuch, S. 174f.) Dabei zeichnet sich ein guter Anker durch fünf Merkmale aus. Wichtig ist das richtige Timing, die Intensität, die Genauigkeit sowie die Einzigartigkeit und Reinheit des Ankers. (TIGER). (ebenda, S. 178)

Ich möchte meinen Anker setzen auf den Zwischenraum zwischen Daumen und Zeigefinger der linken Hand. Er soll das Gefühl der Leichtigkeit und Entspannung auslösen.
Ich komme zur Ruhe, atme ein paarmal tief durch und versetze mich selbst in eine Situation, in der ich mich leicht, entspannt und glücklich gefühlt habe: Ich bin im Urlaub in der Karibik, die Sonne scheint angenehm warm in mein Gesicht, ich rieche das Meer, spüre den weißen, weichen Sand unter meinen Füßen, ich höre die Wellen und friedliches Menschengemurmel, ich sehe das türkisfarbene Meer und den weißen Sand, ich halte meine Taucherbrille in der Hand und werde gleich schnorcheln gehen, d.h. ich spüre ein Kribbeln im Bauch vor Freude darauf, gleich mit den Meeresschildkröten zu schwimmen. Diese Empfindungen lasse ich weiter anschwellen. Auf dem höchsten Punkt aller positiven Empfindungen berühre ich mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand die Stelle zwischen Daumen und Zeigefinder der linken Hand. Ich halte Daumen und Zeigefinger so lange gedrückt, bis meine positiven Wahrnehmungen langsam abnehmen. In diesem Moment löse ich den Druck auf.

Ich komme zurück ins Hier und Jetzt unterstützt durch die Fragestellung, was ich heute Morgen gefrühstückt habe und die Lösung einer leichten Rechenaufgabe.

Dann teste ich den Anker, in dem ich an der Stelle drücke, wo ich ihn gesetzt habe. Sofort bin ich durchdrungen von dem Gefühl der Leichtigkeit, das Kribbeln im Bauch stellt sich ein, ich bin entspannt und fühle mich glücklich. Der Anker sitzt!

Dieser hilft mir enorm im Alltag, wenn ich mich in einem Zustand befinde, der mir nicht dienlich ist, sei es Unruhe, Schwere, Ungeduld oder „Undönigkeit“ (=Eigenkreation, ich weiß nicht, was es ist, aber es fühlt sich nicht gut an ;o)).

4. Fazit / Ausblick
Auch wenn es sehr pathetisch klingt: NLP hat mein Leben verändert. Das stelle ich täglich fest, in verschiedenen Lebenslagen, bei meinem Zusammensein mit Menschen, meiner Haltung den Menschen und dem Leben gegenüber, bei meiner Arbeit, in meinen Beziehungen. Und vor allem in meiner Beziehung zu mir selbst. Ich liebe die vielen verschiedenen NLP-Formate, die ich in meinen beiden Ausbildungen kennenlernen und anwenden durfte. Sie sind so wirkmächtig, dass ich manchmal noch immer überrascht und überwältigt bin. Außerdem finde ich es beeindruckend, dass ich viele Formate auch mit mir selbst anwenden kann. Das gibt mir ein großes, beruhigendes Gefühl der Selbstwirksamkeit.

Umso spannender fand ich es, herauszufinden, was mir meine erlernten Techniken denn nun in der Realität wirklich helfen können, wenn ich mich in einer besonderen (neue Bedeutung für das Wort „schwierig“) Lebenssituation befinde. In meiner Welt ist der Beweis gelungen, systemisches NLP hilft mir sehr, auch beim „Empty Nest Syndrom“.

Zu Beginn hatte ich das Gefühl, diese Zeit nicht meistern zu können, hatte Bedenken, vorübergehend meine Arbeitsfähigkeit zu verlieren, im Alltag immer schlechter klar zu kommen. Ich will nicht verhehlen, dass es auch schwierigere (bzw. noch besonderere) Tage gibt, aber inzwischen steht über allem die Zuversicht, dass „was hinten raus kommt gut wird“. Und es gelingt mir immer öfter, in dieser Lebensphase auch Chancen zu entdecken. Das fühlt sich mitunter so an, als würde auch ich meine Flügel ausbreiten und das „Nest“ verlassen…wohin auch immer. Ein schönes Gefühl!

In meinen Recherchen zum Thema „Empty Nest Syndrom“ stieß ich auf den Begriff „mothers little helpers“. Damit war die Medikation mit Psychopharmaka gemeint. Meine „little (or big) helpers“ hören auf den etwas sperrigen Namen „Neurolinguistisches Programmieren“. ;o)

Literaturverzeichnis

Sinnsucher: Empty-Nest-Syndrom: So schaffst Du das Loslassen, https://www.sinnsucher.de/blog/empty-nest-syndrom-so-schaffst-du-das-loslassen, aktualisiert am 1.7.2022, aufgerufen am 12.11.2022

Wikipedia: Empty Nest Syndrom: https://de.wikipedia.org/wiki/Empty-Nest-Syndrom#cite_note-FUB-1, aktualisiert am 2.10.2022, aufgerufen am 12.11.2022

Refubium – Repositorium der Freien Universität Berlin: An economic analysis of the empty nest syndrome, Piper, Alan, 2021, https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/29475

Dr. Susanne Lapp: Skript zur Systemischen NLP-Master-Ausbildung 2022

Dr. Susanne Lapp, Klaus Grochowiak: Das neue große systemische NLP-Practitioner-/Coach-Handbuch (Skript), 2021

Dr. Susanne Lapp: Das große Handbuch für den systemischen NLP-Practitioner & Coach, 2022

Erklärung der Autorin:
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst und keine anderen Hilfsmittel als die angegebenen verwendet habe. Ich versichere, dass ich alle Stellen, die anderen Quellen im Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen wurden, entsprechend gekennzeichnet habe. Dies gilt auch für Quellen aus dem Internet.
Braunschweig, 19.11.2022
Kirsten Harder

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