Die Zaubersprüche des Kindes werden die Glaubenssätze des Erwachsenen

Die Zaubersprüche des Kindes werden die Glaubenssätze des Erwachsenen

Im letzten Blog hatte ich darüber geschrieben, woher die unglaubliche Macht unserer Glaubenssätze rührt. Ganz einfach: Sie helfen uns, unangenehme, gar unerträgliche Gefühle zu vermeiden. Wer zum Beispiel den Glaubenssatz hat »Ich muss perfekt sein« wird eine unangenehme Unsicherheit spüren, wenn er einmal suboptimale Ergebnisse abliefert und sich sowohl viel wohler fühlen, sobald alles »perfekt« ist. Doch wie schafft es ein einfacher Satz wie »Ich muss perfekt sein«, unsere Angst, Scham oder Schuldgefühle einfach »wegzuzaubern«? Wir finden die Antwort, wenn wir uns klarmachen, wann die meisten Glaubenssätze entstehen: In unserer Kindheit, in jener magischen Phase zwischen drei und sechs.

»Ich muss perfekt sein« als kindlicher Versuch, Aufmerksamkeit zu erlangen

Betrachten wir das fiktive Beispiel einer erfolgreichen Geschäftsfrau: Ihre Mutter hatte ihr erstes Kind im Säuglingsalter verloren. Ein Jahr später kommt ihr zweites Kind, ein Mädchen, auf die Welt. Die Mutter hat jedoch den Verlust des Erstgeborenen noch nicht überwunden, ist in ihrer Trauer gefangen und nimmt das Neugeborene kaum wahr. Das Kleinkind jedoch spürt die Trauer und sucht nach dem Grund, wieso sich die Mutter in Gedanken so viel mit dem toten Geschwisterkind beschäftigt. Es überlegt: „Das andere Kind muss einfach gut gewesen sein.“ Daraus zieht es den Schluss: „Ich muss perfekt sein, wenn ich Aufmerksamkeit will.“ Diese Überlegung fungiert für das Mädchen wie ein Zauberspruch. Er verschafft dem Kind die Illusion, etwas für die ersehnte Liebe der Mutter tun zu können. Es gewinnt den Eindruck, Kontrolle zu haben. Seine Angst, Mutti könnte es nicht liebhaben, schwindet.

Bis das Kind in die Schule kommt, wird es so viele ähnliche Situationen mit seiner Mutter erlebt haben, dass das Programm »Ich muss perfekt sein, um Aufmerksamkeit zu bekommen« auf Autopilot läuft. Und so wird dieser Glaubenssatz in der Heranwachsenden überleben, auch wenn ihre magische Phase lange vorbei ist.

Welche Zaubersprüche, welche Glaubensätze habt Ihr?

Und welche Gefühle sollen sie für Euch »wegzaubern«? Wann funktioniert das Wegzaubern gut – und wann nicht? Je besser Ihr Euch selber kennt, umso leichter gelingt es Euch, aus der kindlichen Welt der vermeintlich magischen Glaubenssätze auszusteigen.

Im nächsten Blog werde ich mich damit beschäftigen, wieso Glaubenssätze auf Dauer nie funktionieren.

One comment on “Die Zaubersprüche des Kindes werden die Glaubenssätze des Erwachsenen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

You may use these HTML tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>