Wie entmachte ich die abwertenden Stimmen in mir?

Wie entmachte ich die abwertenden Stimmen in mir?

Wir alle reden den ganzen Tag mit uns selbst. »Sich Gedanken machen« nennen wir das umgangssprachlich. Dabei umfassen unsere inneren Selbstgespräche eine weite Spannbreite. Wir überlegen Dinge des Alltags, wie: „Rufe ich Paul heute oder morgen an?“ oder „Ich darf nicht vergessen, die BWA zur Bank zu schicken.“ Dann geben wir uns positives Feedback, zum Beispiel: „Gut, dass ich bei dem kritischen Nachbohren dieses Journalisten so ruhig geblieben bin.“ Oder wir äußern uns kritisch uns selbst (oder anderen) gegenüber: „Ich bin so ein Idiot. Wieso kann ich nicht einfach mal die Fresse halten?“ ist dafür ein typisches Beispiel.

Manchmal sprechen wir so mit uns, wie wir niemals mit anderen sprechen würden. Wenn die kritischen Selbstgespräche einen großen Anteil des inneren Dialogs ausmachen oder sehr abwertend, ja beinahe vernichtend sind, dann belastet dies früher oder später den Selbstwert. Das muss nicht so bleiben.

Drei Ursprungskategorien von inneren Stimmen

Viele meiner Coaching-Klienten fragen mich an dieser Stelle, wo diese abwertenden Stimmen denn eigentlich herkommen. Es lassen sich drei Ursprungskategorien unterscheiden: Entweder klingt die innere Stimme wie die eigene, wie die einer bekannten Bezugsperson oder wie die einer fremden Person.

Diese möchte ich gerne im Einzelnen erläutern.

  1. Möglichkeit: Wir sprechen zu uns mit der eigenen Stimme
    Die innere Stimme klingt wie die eigene Stimme. Sie spricht entweder in der Ich-Form – „Ich muss noch daran denken, die Bali-Reise zu buchen“ – oder in der Du-Form – „Du musst noch daran denken, die Bali-Reise zu buchen.“  Wenn unsere eigene Stimme in der Ich-Form spricht, dann sind das quasi immer eigene, meist sehr sachliche Überlegungen. Diese bereiten uns selten Schwierigkeiten.Wenn unsere eigene Stimme uns dagegen duzt, dann haben wir Einschätzungen, die wir verbal oder non-verbal von früheren Bezugspersonen vermittelt bekommen haben, so tief in unser Selbstbild integriert, dass wir deren Aussagen innerlich übernommen haben. Beispielsweise hat unsere Mutter früher oft zu uns gesagt: „Das schaffst du ohnehin nicht“, dass wir heute regelmäßig selbst zu uns sagen, „das schaffst du ohnehin nicht“. Dass dieser innere Dialog nicht hilfreich ist, wenn wir gerade unseren Vorgesetzten um eine Gehaltserhöhung bitten wollen, versteht sich von selbst.
  1. Möglichkeit: Die innere Stimme klingt wie die einer (früheren) Bezugsperson
    Häufig kommt es auch vor, dass wir innerlich die Stimme einer Bezugsperson hören. Dann sagt die Stimme unseres Vaters zu uns, „nun stell´ dich nicht schon wieder so albern an“, oder die Stimme unserer Mutter mahnt wie früher: „Jetzt sei endlich ruhig“. Diese Stimmen melden sich oft dann, wenn man sie am wenigsten brauchen kann, beispielsweise wenn man gerade aufsteht, um eine wichtige Präsentation beim Kunden zu halten.Hier gilt also, dass wir oft so mit uns reden, wie früher mit uns geredet wurde. Wenn wir also in einem unterstützenden, freundlichen Elternhaus aufgewachsen sind, tendieren wir zu freundlichem, hilfreichem inneren Dialog. Sind wir dagegen in einer kalten, fordernden Umgebung groß geworden, werden auch viele unserer Selbstgespräche diese Merkmale aufweisen.
  1. Möglichkeit: Die innere Stimme gehört einer unbekannten Person 

    Innere Stimmen von unbekannten Personen sind seltener; nicht jeder kennt sie. Sie äußern sich regelmäßig besonders gehässig, fast vernichtend.Oft schämen sich Klienten deswegen zunächst, von diesen Stimmen zu berichten. Diese passen nicht zu den Werten der Klienten, wie Respekt und Wertschätzung. So berichtete der Teilnehmer eines Business Coachings von einer inneren Stimme, die sich immer meldete, wenn ein Kollege nicht seiner Meinung war. Dann sagte diese Stimme: „Verreck´ doch, du erbärmliche Drecksau.“

    Diese inneren Stimmen sind in aller Regel nicht „das Ergebnis einer kranken Fantasie“, wie Klienten häufig zunächst befürchten.

    Vielmehr zeigt es sich häufig in Systemaufstellungen, dass diese Stimmen zu Vorfahren gehören, die schreckliche Dinge erlebt (oder getan) haben. Im Beispiel des Teilnehmers des Business Coachings zeigte sich, dass diese Stimme zu seinem Großvater gehörte, der als Halbjude von Mitgliedern der Hitler-SS deportiert und getötet worden war.

Zwei wirksame Selbsthilfe-Methoden, um innere Stimmen zu entmachten

Unsere inneren Stimmen zu entmachten, ist leichter, als viele zunächst vermuten:

  • Eine Möglichkeit, eine abwertende innere Stimme zu entmachten, besteht darin, ihre Stimmqualität so zu verändern, bis man sie nicht mehr ernst nimmt. Wie verändert sich die Wucht der Aussage, „das schaffst du sowieso nicht“, wenn sie zukünftig mit der Stimme von Willy aus der Biene Maja formuliert wird? Oder mit der von Mickey Mouse? Für viele bekommt die Aussage dann etwas Lächerliches; sie hat ihre Macht verloren.
  • Ein zweiter Ansatz verändert die Richtung der Stimme. Dazu wird zunächst geschaut, aus welcher Richtung diese Stimme kommt. Hören wir sie mittig in unserem Kopf? Oder kommt sie vielleicht von rechts vorne oder links hinten? Sobald sie lokalisiert ist, fangen wir an, ihre Richtung zu verändern. Welche Wirkung hat es, wenn die Stimme nicht mehr von hinten links, sondern vom Fußboden, von vorne rechts, sagt: „Sei doch endlich still“? Oft lässt sich eine Richtung finden, die die abwertende Stimme völlig ihre Wucht verlieren lässt. Es lohnt sich, etwas zu probieren, bis man eine wirkungsvolle Richtungsänderung identifiziert hat.

Viele erleben es als wirklich sehr erleichternd, wenn diese ewig kritisierenden, nie zufriedenen Stimmen ihre Macht verloren haben.

Der nächste Schritt – eine Systemaufstellung

Manchmal jedoch erweist es sich als schwierig, die inneren Stimmen zu verschieben oder sie rutschen sofort an ihren alten Platz zurück. Gerade die besonders bösartigen, fremden inneren Stimmen erweisen sich als oft recht renitent.

Hier empfiehlt es sich, sich eine Systemaufstellung zu gönnen. Im Rahmen einer Aufstellung kann der Ursprung der Stimme gefunden und ihre Wirkung im Klienten beendet werden.

Was ich nach einer solchen Systemaufstellung von den Klienten immer wieder berichtet bekomme, ist, dass sie eine neue innere Ruhe, ja inneren Frieden erleben.

Mehr Informationen zu Systemaufstellungen sowie die aktuellen Termine finden Sie hier.

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